Hallo zusammen,
habe mich gerade erst angemeldet und hoffe hier auf ein paar "Leidensgenossen" zu treffen, die mir helfen können das Ganze zu verarbeiten.
Dann fang ich einfach mal an zu erzählen.
Ich bin Deutsche (28), er ist Marokkaner (27). Er ist hier geboren und aufgewachsen, ist Moslem. Lebt eigentlich ein sehr europäisches Leben, wenn er nicht zu Hause ist. Was hinter der Haustür bei seinen Eltern gelebt wird, hat ja auch normalerweise keinen was anzugehen. Er ist Student. Habe zwar leider von den Studiengängen usw nicht viel Ahnung, aber versuche ihn, soweit ich kann, zu unterstützen.
Unsere Beziehung läuft seit fast 4 Jahren. Wir haben Höhen und Tiefen durchgemacht. Unsere Beziehung hat sogar einen "Ausrutscher" seinerseits überlebt. Das Ganze hat uns eigentlich noch mehr zusammengeschweißt. Er ist meine große Liebe.
Es war eine schwere Zeit, aber die haben wir halt gemeinsam durchgestanden.
Diesen Sommer fing dann das Grauen an.
Ich bemerkte, dass er nicht ehrlich zu mir ist. Habe ihn drauf angesprochen, trotzdem bekam ich nie eine anständige Antwort. Ich merkte, wie sehr ihn das Ganze quält. Baute eine regelrechte Mauer um sich rum. Habe mir das auch zum Teil mit seiner körperlichen Reaktion auf den Ramadan erklärt. Dann ließ er die Bombe platzen, dass er in seinem Studium noch nicht so weit ist, wie er es mir erzählt hat. Jedoch hat er sich nicht getraut mir die Wahrheit zu sagen, da er gemerkt hat, wie stolz ich auf ihn war und wie glücklich, dass wir bald zusammenziehen können. Das hat sich mit seinem Geständnis natürlich auch erledigt. Jedoch habe ich ihm in Ruhe erklärt, dass dadurch die Welt nicht untergeht und ich auch noch weiter warten werde, bis es einfach möglich ist.
2 Tage später habe ich ihn gebeten nochmal in Ruhe mit mir zu reden, da das erste Gespräch nicht lange dauerte und mir dann im nachhinein noch Dinge eingefallen sind, die ich ihm einfach sagen wollte. Und eben auch Fragen, die sich mir noch gestellt haben.
Er sagte dem zu und versprach mir in meine Wohnung zu kommen, wenn ich Feierabend habe. Wir schrieben den ganzen Tag über Whatsapp und er schrieb "Bis später". Nachdem er in der üblichen Zeit nicht bei mir eingetroffen war, versuchte ich ihn zu erreichen. Handy war aus. Ich bekam dann mit, dass er ohne ein Wort zu sagen mit seinen Eltern für 3 Wochen nach Marokko gefahren ist. Vorher hat er immer wieder betont, dass er nie wieder ohne mich dahin will, da ihn die Sehnsucht im Vorjahr fast aufgefressen hätte.
Die ganzen 3 Wochen meldete er sich nicht. Ich bin hier durchgedreht. Habe mir die wildesten Sachen ausgemalt und mich mit manchen Gedanken auch versucht selbst zu beruhigen. Ändern konnte ich an der Situation eh nix.
Diesen Sonntag war er dann endlich wieder da. Ich wusste er war fertig von der Fahrt und wollte ihn erstmal ausschlafen lassen. Nachmittags bin ich dann bei einer Freundin bei ihm in der Nähe gewesen. Auf dem Rückweg hat mich meine Sehnsucht überrannt und ich habe bei ihm zu Hause angehalten. Habe mich auch bei den Eltern für die Störung entschuldigt und bin auch nicht lange geblieben.
Das Verhältnis zu den Eltern war eigentlich immer sehr herzlich. Ich hatte das Gefühl immer willkommen zu sein. So wie auch beim Rest der Familie. Bin ja nirgends ohne Einladung hingegangen.
Es gibt immer Jemanden, dem die eigene Nase nicht unbedingt passt, aber man kann es eben nicht Jedem Recht machen. In diesem Fall sind es die beiden ältesten Geschwister. Wir standen da aber immer drüber. Wir haben uns auch nie eingemischt, was die in Ihren Beziehungen machen. Man konnte sich "Guten Tag und auf wiedersehen" sagen.
Am Abend kam er dann noch zu mir. Wir haben wieder ganz in Ruhe gesprochen. Er hat mir versichert, wie leid ihm das Ganze tut. Er hat mich vermisst und er liebt mich. So oft wie an dem Abend hat er mir schon lange nicht mehr gesagt, dass er mich liebt. Er war liebevoll wie lange nicht. Ich konnte ihm einfach nicht mehr böse sein, auch wenn ich so sehr verletzt wurde. Ich war einfach froh ihn wieder bei mir zu haben.
Wir verabredeten uns für den nächsten Tag. Ich versuchte ihn zu erreichen, jedoch war sein Handy aus. Daraufhin rief ich bei ihm zu Hause an. Die älteste Schwester ging ran und schrie mich an. Ich solle die Familie in Ruhe lassen und nicht mehr nerven. Mein Freund wolle nicht mehr mit mir reden und ich solle es einfach sein lassen. Aus dem Hintergrund schrie der Vater ich solle nie wieder anrufen. So hatte ich ihn auch noch nie erlebt. Warum, wieso, weshalb..keine Ahnung.
Dann erreichte ich doch noch meinen Freund auf dem Handy. Er sagte mir er liebe mich, aber wüsste nicht, ob er das schafft mich glücklich zu machen, weil schon so viel vorgefallen ist. Ich habe ihn versucht zu beruhigen, da er selber absolut fertig klang. Wir einigten uns, dass ich ihn abhole, damit wir unter vier Augen reden können. Am Ende des Gesprächs riss ihm seine Schwester das Handy aus der Hand. Also fuhr ich zu seinem Elternhaus. Er kam jedoch nicht raus. Somit entschloss ich mich anzuklingeln und zu bitten ihn rauszuschicken. Mir wäre niemals eingefallen dort hin zu fahren, wenn er das nicht zu mir gesagt hätte. Mein Herzrasen vor Angst war unbeschreiblich, weil ich nicht wusste, was mich erwartet,
Wieder kam die älteste Schwester an die Tür und schrie mich an, dann kam der Vater dazu und fing an mich zu bedrohen mit einer Anzeige. Ich bin stolz auf mich die ganze Zeit die Ruhe bewahrt zu haben und auf die ganzen Provokationen nicht eingegangen zu sein.
Mir wird vorgeworfen, dass er wegen mir Depressionen hat, sein Studium noch nicht fertig hat und ich ihn versuche von der Familie fern zu halten.
Aus diesen Gründen hat sich seine Familie entschlossen unsere Beziehung zu beenden. Sie wollen das Ganze nicht mehr, weil ich negativen Einfluss auf ihn habe.
Dass das Gegenteil der Fall ist, davon kann man die Familie auch nicht überzeugen. Er kommt damit nicht klar, dass er nicht jedem gerecht werden kann. Wobei er zu Hause nur zu funktionieren hat und keinen Stellenwert. Das macht ihn mehr als fertig. Ich hab immer wieder versucht diese Lücke bei ihm auszufüllen. Ihn gefördert, gesunden Druck ausgeübt, was das Studium angeht. Ihm besondere Bücher dafür geschenkt.
Und wenn man die Mentalität kennt, weiss man, dass man einen marokkanischen Mann nicht von seiner Familie fern halten kann, wenn er das nicht selber will.
Momentan habe ich auch fürchterliche Angst Kontakt zu ihm aufzunehmen. Er hat ja schließlich noch Sachen bei mir. Aber weiss ich, ob die jetzt einen Kontrollzwang entwickeln, ob ich mich wirklich dran halte, dass ich alle in Ruhe lassen soll?
Jetzt hab ich einen riesen Roman geschrieben und weiss gar nicht, ob sich den überhaupt jemand komplett durchliest.
Ich bin nur einfach verzweifelt.
Er liebt mich, ich liebe ihn, aber wir dürfen nicht glücklich sein.
Alles Liebe
Traeumerle