Guten Abend...
Ich habe noch nie in ein derartiges Forum geschrieben,
aber da ich niemanden habe, mit dem ich über die Sache in ihrem gesamten Ausmaß sprechen kann, hoffe ich, dass mir hier jemand einen Rat geben kann. Einfach mal eine Meinung von Aussenstehenden.
Ich fang einfach mal ganz vorne an.
Bei mir. 24 bin ich.
Ich bin an sich ein Mensch, der relativ viel Sicherheit braucht in einer Beziehung.
Wahrscheinlich weil mein Vater die Familie verlassen hat als ich 6 war...und mein Stiefvater ist vor 2 Jahren einfach tot umgefallen mit 47 (gibt mir vielleicht n bisschen das Gefühl, dass Männer nie bei einem bleiben) :-)
Ich hab das aber so gut es ging verarbeitet, spreche auch regelmäßig mit nem Psychologen und nehme noch Antidepressiva.
Ich bin seit 2,5 Jahren mit meinem Freund zusammen.
(Und im Gegensatz zu der 3-jährigen Beziehung davor, in der ich meine Verlustängste noch nicht unter Kontrolle hatte und dadurch wegen ALLEM und jedem eifersüchtig war, lief sie auch recht harmonisch ab).
Ich will nicht sooo viel schreiben, sonst liest eh keiner zuende, ich versuch mal die wichtigsten Dinge anzureissen.
Wir haben den gleichen Humor, er ist nicht gerade dumm (Was mir auch wichtig ist), wir studieren zusammen - haben uns in der Schule kennengelernt und kamen ins Gespräch weil wir uns bei der selben Uni eingeschrieben hatten usw.
Wir hatten echt viel Spaß miteinander, und kamen dann auch zusammen, durch irgendeine betrunkene Nacht (damals hab ich noch getrunken).
Aber wie es eben so ist...mit der Zeit zeigt man sein wahres Gesicht.
Und er ist der totale Narzist. Nicht nur so gesagt, sondern er ist wirklich einer. Wie sein Vater (und das ist der schlimmste Mensch, den ich kenne ^^).
Es ist einfach das komplette Gegenteil zu mir, weil ich ein sehr friedliebender, rücksichtsvoller Mensch bin, der meistens zuerst an andere denkt.
Und er ist son "Ellenbogen raus"-Typ.
Sein Vater schießt irgendwelche Vögel im Garten ab weil er meint "ICH bestimme, wer in meinem Garten sitzt und wer nicht".
Total gestört.
Naja dann starb mein geliebter Stiefvater.
Der für mich wie ein Vater war, weil er ja meinen richtigen Vater in meiner Kindheit ersetzt hat.
Für mich brach natürlich eine Welt zusammen.
Hab die üblichen Trauerphasen durchgemacht (die ersten Tage der Schockzustand, in dem man nur leer ist, dann die Tage, an denen man einfach nur von morgens bis abends weint....), und naja...da er eben n Narzist ist und immer der Mittelpunkt sein muss, gefiel ihm das wohl nicht, dass er sich mal um MICH kümmern musste und es nur um meine Trauer ging die ersten Tage.
Und so hat er mich 3 Tage nachdem mein Stiefvater gestorben ist, verlassen....um mit seinen Freunden feiern zu gehen und single zu sein.
Diese Zeit war der Horror für mich.
Nach 2 Wochen kam er wieder an und ich hab ihm verziehen.
Wieder mit ihm zusammen gekommen.
Vergeben. Doch nicht vergessen.
Ich glaube, egal, wie sehr man es will...vergessen kann man soetwas nicht. Denn ist das nicht die Zeit, in der man den Partner am meisten gebraucht hätte?
Ich war sehr unsicher danach.
Es folgte eine Zeit, in der ich wieder etwas eifersüchtiger war. Ich konnte ja nicht sicher sein, ob er irgendwann wieder geht -.-
Oft störte es mich schon, wenn er nachts mit irgendwelchen weiblichen Freundinnen schrieb.
Ich muss dazu sagen, dass ich nicht hässlich bin oder so.
Ich werde jeden Tag draussen angeflirtet und habe eigentlich keinen Grund, eifersüchtig zu sein (hört sich jetzt arrogant an, wenn ich sage, dass ich recht "gut aussehe", aber man sieht ja hier die Leute nicht, deshalb die Info mal für den Gesamteindruck).
Er hat sich aber- was ich fairerweise auch sagen muss- in der Zeit schon ein bisschen Mühe gegeben.
Zu Frauen, mit denen er mal was hatte, den Kontakt abgebrochen usw. (Hat er von mir ja auch erwartet- also bei Männern)....
Seit 1 Jahr wohnt er mit in meiner Wohnung.
Ich komm mal langsam zu meiner eigentlichen Frage.
Was ich mit ihm verbinde:
Geborgenheit. Wobei es nichtmal so ist, dass ich gern in seinem Arm liege. Es ist einfach jemand da. Ich bin nicht allein. Manchmal schaue ich tief in mich hinein und suche nach einem Hinweis. Ist das Liebe, was ich für ihn fühle? Oder ist es meine "Verlustangst" (wegen meiner Vorgeschichte), mein Wunsch danach, dass einfach jemand da ist? Seit dem Tod meines Stiefvaters ist meine Familie auch etwas auseinandergebrochen. Meine Schwester ist in den USA und meine Mutter sehe ich recht selten, sie hat sich sehr verändert, trinkt viel usw.
Wenn jetzt kommt "Bau den Kontakt zu ihr wieder richtig auf"- jaaa, das ist in Arbeit. Aber eine Mutter ist kein Vater.
Es gibt Tage, da denke ich "das ist so unfair, falls ich ihn wirklich nicht mehr liebe- wenn er nur ne Art Vaterersatz für mich ist"...deshalb will ich bald eine Entscheidung treffen.
Vor 4 Monaten habe ich jemanden kennengelernt.
Das absurde ist...es haben sich bei diesem anderen Mann mit der Zeit Gefühle entwickelt...die man auch durchlebt, wenn man single ist und jemanden immer mehr kennenlernt. Er passt viel besser zu mir als mein jetziger Freund. Ist auch der totale Pazifist und unsere Meinungen bezüglich aller wichtigene Prinzipien stimmen überein.
Ich habe ihn 2x getroffen, natürlich nicht mit ihm geschlafen oder ihn geküsst, das würde ich nie tun, wenn ich in ner Beziehung bin.
Aber wir schreiben seitdem...jeden Tag schreiben wir uns lange Briefe per Mail, und das seit 4 Monaten.
Wenn ich mich in jemand anderen verlieben kann, ist das der Beweis dafür, dass ich meinen Freund nicht mehr liebe?
Es ist einfach die Gewohnheit da, weil mein Freund bei mir wohnt. Die Sicherheit.
Ich schlafe abends neben jemandem ein, und ich wache morgens neben jemandem auf.
Ich kann jemanden nachts wecken wenn ich mal wieder Alpträume habe.
Und die habe ich seit ...eben diesen letzten 4 Monaten jede Nacht.
Ich träume dass ich verfolgt werde, dass Männer mir die Innereien rausreissen während ich noch lebe...ganz krankes Zeug.
Ich denke, das kommt daher, dass ich tagsüber vor diesem Problem weglaufe. Vor der Entscheidung, die ich fällen muss.
Ich habe Angst, dass ich ihn verlasse, (und ich werde dann so oder so erstmal durch die Hölle gehen weil ich dann plötzlich ALLEIN bin und allein schlafen muss!! Das ist extrem dann erstmal), ...und es dann unendlich bereue, ihn verlassen zu haben.
Andererseits...was für eine Zukunft hat das an sich mit ihm...er will nur Geld später...ganz nach oben, immer unterwegs.
Mir hingegen reicht später ein "gutes normales" Gehalt und dafür Zeit- für meinen Partner/für mein Leben.
Er hasst Schwule, Behinderte, Ausländer.
Und ich bin der toleranteste Mensch, den's gibt. (Hatten schon oft Stress deshalb...irgendwann hab ich mit ihm über Politik usw einfach nicht mehr geredet)
Andererseits ist er der erste Typ, mit dem ich je zusammen war, der sich keine Sex-scheiße reinzieht aufm PC (und das kann ich gar nicht ab, wenn man sich auf irgendwelchen Sex/Porno-seitn anmeldet wenn man vergeben ist).
Und ich denk so "Man, so einen findeste nicht wieder, dann musste für immer single bleiben" ^^
Seit es den anderen in meinem Kopf/Herz gibt, streite ich mit meinem Freund nicht mehr.
Und es ist sehr harmonisch.Man könnte fast sagen, es ist schön.
Wahrscheinlich, weil ich nicht mehr eifersüchtig bin im Moment.
Ach man...seht ihr?
Ich bin total hin und hergerissen.
Ich finde meinen Freund nicht mehr attraktiv, möchte auch nicht mit ihm schlafen, das Gefühl ekelt mich komischerweise sogar etwas an.
Damit ich nicht das Gefühl habe, ihn sexuell zu vernachlässigen, befriedige ich ihn 2-3x die Woche oral.
Bin aber selbst (in Bezug auf die eigene Sexualität) wie ausgestorben.
Das ist auch komisch für mich, denn Sex ist mir eigentlich sehr wichtig und auch in der Beziehung vor ihm hatte ich nach 3 Jahren noch gern Sex.
Mit dem anderen, den ich kennengelernt hab, würde es mich nicht anekeln.
Aber ich glaube nicht ,dass es nur mit dem anderen zu tun hat.
Ich hab meinem Freund mal erklärt, dass sich Frauen kopfmäßig...fallen lassen können müssen.
Und da er so scheiß Einstellungen hat ("Ausländer raus!" "Schwule sind scheiße! " usw, und das narzistische eben), will ich mit ihm irgendwie nicht mehr schlafen, das fühlt sich an, wie mit nem Mörder ins Bett zu gehn oder so.
Andererseits bin ich froh, dass er DA ist.
Zum Beispiel wie jetzt gerade.
Ich schreibe diesen Text hier und er liegt aufm Bett und zockt was auf der Playstation. Und gleich schlafe ich neben ihm ein.
Hab ihn ganz lieb eigentlich.
Aber reicht das?
Warum fühle ich mich zu nem anderen hingezogen?
Und hat das mit meinem Freund ne Zukunft wenn wir SO verschieden sind?
Ich hör jetzt mal auf und hoffe auf Antworten/Ratschläge, trotz meines furchtbar langen Textes :-)
Ich glaube, er ist auch etwas wirr. Aber so siehts in meinem Kopf auch aus.
Ich erwarte keine Romane oder so...es reicht auch ein kurzer subjektiver Eindruck ("Mach Schluss" oder "Bleib bei ihm und versuch, es hinzukriegen" ) :-)
Danke schonmal...
Und liebe Grüße aus dem Norden.