Krise
ich krieg die krise. Das müsst ihr euch durchlesen.
Stand in der NZZ online. :FOU:
Anscheinend bin ich nicht der einzige des sich mit diesem Thema beschäftigt. :mrgreen:
Niemand weiss, was Frauen wünschen
Die Sexualforscherin Meredith Chivers zeigt Männern und Frauen kurze Pornofilme und misst die sexuelle Erregung. Das Ergebnis: Frauen sind ein Rätsel. Von Kathrin Meier-Rust
Die Geschichte mit diesen Bonobos spricht sich langsam herum hier ein Fach-Vortrag, dort ein Artikel im Internet. Ein schöner nackter Mann, so geht die Geschichte, lässt Frauen kalt. Paaren sich jedoch zwei Bonobos, empfinden Frauen das als erotisch stimulierend. Nur zur Erinnerung: Bonobos sind Zwergschimpansen, also Primaten. Sie sind besonders friedlich und haben viel Sex miteinander, ab und zu sogar in der Missionarsstellung. Aber sie tragen auch schwarze Ganzkörperbehaarung und leben im Urwald.
Was will das Weib?, seufzte bekanntlich schon Sigmund Freud am Ende eines langen Forscherlebens. Auf die Bonobos kam die 36-jährige Psychologin Meredith Chivers dagegen am Anfang ihres jungen Forscherlebens. Zurzeit an der Queen's University in Kingston, Ontario (Kanada), erforscht Chivers die sexuelle Erregung von Männern und Frauen. Sie tut dies im Labor, will heissen, beim Betrachten von zwei Minuten langen Kurzfilmen mehr oder weniger eindeutigen Inhaltes.
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Zunächst gilt es dabei, die sexuelle Erregung zuverlässig zu messen. In Chivers' Versuchsanordnung geschieht dies gleichzeitig von zwei Seiten: Zum einen lässt sie die Versuchspersonen selbst einschätzen, meist per Druck auf eine Taste, ob, wann und wie stark sie sich von den einzelnen Filmen sexuell stimuliert fühlen. Dies nennt die Forscherin die subjektive Erregung.
Exakte Penis-Messung
Gleichzeitig wird die rein körperlich-genitale Reaktion gemessen, die objektive Erregung. Diese Messung erledigt ein sogenannter Plethysmograf, ein Gerät, das die Aufnahmefähigkeit von Blutgefässen oder Organen feststellen kann. Bei Männern ist das eine relativ einfache Sache: das Gerät misst mit Hilfe einer Manschette die Blutzufuhr im Penis.
Komplizierter wird die Sache bei den Frauen. Der vaginale Photo-Plethysmograf oder VPP, den Chivers für ihre Forschung benutzt, ist ein kleines Gerät, das wie ein Tampon in die Vagina eingeführt wird, dort die Schleimhaut beleuchtet und die Durchblutung misst. Zunächst war umstritten, ob stärkere vaginale Durchblutung wirklich ein Indikator für sexuelle Erregung sei und nicht auch durch andere Emotionen ausgelöst werden könnte. Meredith Chivers hat dies überprüft, indem sie mit VPP ausgerüsteten Frauen verschiedenartigste Filmszenen vorführte: abenteuerliches Skaten, Bedrohungsszenarien, Sonnenuntergänge, fröhliche und traurige Szenen mit Kindern und eben auch Sex. Ergebnis: Der VPP schlägt zuverlässig nur bei Sex aus.
Zurück zu den Bonobos. Seit den siebziger Jahren haben viele Studien, vor allem des Sexualforschers Kurt Freund, mit dem Chivers später zusammenarbeitete, gezeigt, dass die sexuelle Erregung von Männern mit schöner Konstanz dem Objekt ihrer subjektiven Begierde gilt und damit ausgesprochen spezifisch ist: Bei heterosexuellen Männern sind das Frauen, bei homosexuellen Männer sind es Männer. Entsprechend direkt reagieren Männer auf die Filmszenen: Eine nackte Frau beim Turnen, Sex zwischen Frauen oder zwischen Frau und Mann erregt heterosexuelle Männer, ein nackter Mann oder eine Mann-Mann-Szene die homosexuellen. Die Erregung zeigt sich sowohl objektiv (also körperlich messbar) wie subjektiv (also gemäss ihrer eigenen Aussage) es verläuft somit alles ziemlich logisch.
Ganz anders die Frauen, wie Meredith Chivers mit ihrer eigenen Forschung zeigt: Wenn Frauen etwa einen athletisch gebauten nackten Mann zu sehen bekamen, der einsam am Ufer dahinschlendert und Steine ins Wasser wirft, so reagierten sie körperlich genauso wie auf eine reine Landschaftsszene nämlich überhaupt nicht. Eine nackte Frau beim Turnen erregte sowohl hetero- wie homosexuelle Frauen schon etwas mehr. Doch bei Masturbation- und Sexszenen wurde es dann so richtig unspezifisch, wie Chivers es nennt: Sowohl hetero- wie homosexuelle Frauen reagierten nämlich körperlich auf heterosexuellen Sex genauso stark wie auf lesbischen und schwulen Sex. Die subjektive bewusste Wahrnehmung dagegen war ganz anders: Nur die Mann-Frau-Szene beschrieben heterosexuelle Frauen als für sie wirklich aufregend.
Offensichtlich ist das Geschlecht einer Person für die körperliche Erregung von Frauen nicht besonders wichtig. Doch was dann? Vielleicht sind es die charakteristischen Bewegungen beim Koitus? Um dieser Sache auf die Spur zu kommen, erfand Meredith Chivers dann den Bonobo-Porno: Sie fügte Paarungsszenen von Bonobos zu einem Zwei-Minuten-Film zusammen. Resultat: Im Gegensatz zu Männern reagierten Frauen auch auf diese nichtmenschlichen Sexszenen objektiv, also mit körperlicher Erregung. Genauso wie die Männer fühlten sie sich jedoch subjektiv davon absolut nicht angetörnt. Im Gegenteil: Frauen finden Bonobos alles andere als attraktiv und doch reagiert ihr Körper. Dieses Phänomen nennt die Sexualforschung den split, die Spaltung.
Der Volksmund weiss es
Meredith Chivers gewinnt aus ihren Experimenten immer wieder drei grundlegende Aussagen. Erstens: Das sexuelle Erregungssystem funktioniert bei Frauen fundamental anders als bei Männern. Das ist keine revolutionär neue Erkenntnis.
Zweitens: Die weibliche körperliche Erregung ist weniger spezifisch an ein bestimmtes Geschlecht des Gegenübers gebunden als die des Mannes, sie ist fliessender oder auch flexibler, wie es in der Sexualforschung heisst. Auch dies weiss der Volksmund schon seit längerem: Männer wollen immer nur das eine. Frauen merkwürdigerweise nicht.
Schliesslich gibt es als Drittens bei den Frauen den split zwischen körperlicher und mentaler Erregung. An dieser Spaltung ist bekanntlich bisher auch die Suche nach einem Viagra für Frauen gescheitert: Bei Männern genügt es, die Blutzufuhr im Penis zu stabilisieren, weil die subjektive Erregung damit übereinstimmt. Bei Frauen erwies sich dasselbe Verfahren als nutzlos: Die Durchblutung der Vagina bleibt wirkungslos, wenn die subjektiv wahrgenommene Erregung nicht vorhanden ist.
Für das Phänomen dieser Spaltung hat die Forschung immerhin eine Hypothese zu bieten: Dass sich der Frauenkörper in gewissen Situationen gerade auch bedrohlichen sozusagen automatisch und ohne bewusste Wahrnehmung auf Sex einstellt (und damit die Lubrikation der Vagina sicherstellt), könnte sich in der langen Vorgeschichte des Menschen als Schutzmechanismus entwickelt haben, um Frauen bei Vergewaltigungen vor Verletzungen zu schützen, die Unfruchtbarkeit oder Tod bedeuten konnten.
Bonobos wirken alles andere als sexuell attraktiv. Und trotzdem reagiert der weibliche Körper auf sie.
Es ist eine verbreitete falsche Vorstellung, dass Frauen von visuellen Reizen weniger stark erregt werden als Männer.