Liebe Community,
warum ich mich an euch wende, hat mehrere Gründe. Eigentlich bin ich nicht der Typ, der seine Probleme öffentlich macht (ein Mann halt) und mir fällt es allgemein schwer, mich Leuten auch in meinem Freundeskreis anzuvertrauen. Aber ich kenne euch nicht und ihr kennt mich nicht, und ich denke, ein paar Meinungen von Außenstehenden können nicht schaden - zumal die wenigen Freunde, die unsere Geschichte kennen, meist ziemlich parteiisch reagieren. Außerdem kenne ich das Forum schon länger als stiller Mitleser (wegen anderen Themen) und jetzt habe ich mir in der typischen 6-Uhr-morgens Melancholie endlich ein Herz gefasst und mich bei euch angemeldet. Also bitte seid gnädig mit mir, auch wenn das etwas länger wird, aber ich möchte nichts auslassen. Denn nur wer die ganze Wahrheit kennt, kann mir eventuell auch einen guten Rat geben.
Zur Vorgeschichte:
Meine Frau und ich haben uns bereits in der Schule kennengelernt. Sie war meine erste Freundin und ich ihr erster Freund. Aus dem Verliebtsein wurde Liebe und eine fast dreijährige Beziehung. In dieser Zeit waren wir praktisch nie getrennt, ich habe bei ihr gelebt und bei ihr so etwas wie eine zweite Familie gefunden. Aber mangels Erfahrung in Sachen Beziehung und einer komischen Zeit, die ich selbst damals durchgemacht habe, habe ich ihr auch viele Geschichten erzählt (es war jedoch nie eine andere Frau im Spiel) und stand irgendwann vor einem riesigen Haufen mit Lügen, den ich nicht mehr überschaut habe. Aus purer Feigheit bin ich damals einfach weggegangen. Ich habe in einer anderen Stadt meine Ausbildung begonnen, neue Leute getroffen, ein neues Leben gelebt - ohne mit ihr auch nur noch ein einziges mal zu sprechen. Ich habe mir selbst sehr lange Zeit große Vorwürfe gemacht und war mehrfach kurz davor, ihr zu schreiben oder sie anzurufen, habe es aber doch nie getan - aus Angst.
Dann sind drei Jahre vergangen. In dieser Zeit hatte ich eine andere Beziehung, die nicht lange hielt, weil man doch schnell merkt, wenn es nicht die Frau fürs Leben ist.
Am Ende dieser drei Jahre war ich mit ein paar Freunden aus meinem "neuen Leben" auf dem Weg in den Urlaub. Nachts auf der Autobahn erzähle ich meinem Beifahrer diese Geschichte, die er (wie auch alle anderen) bis dahin nicht kannte. Ich erzähle ihm, dass ich immer wissen wollte, wie es ihr jetzt geht, was sie macht, ihr das von damals gerne erklären würde, ich es aber irgendwie nicht schaffe. Er sagt noch zu mir: "Mensch, nach der langen Zeit kannst Du ihr doch mal schreiben, sie wird Dir bestimmt nicht mehr böse sein". Am nächsten Morgen, keine 5 Stunden später, bekomme ich aus heiterem Himmel eine SMS. "Hey, ich weiß nicht ob das noch deine Nummer ist, wir haben es in letzter Zeit oft von dir..." Ich glaube nicht an Schicksal, aber das fand ich krass. Drei Jahre lang keinerlei Kontakt - keine gemeinsamen Freunde, kein Brief, kein Telefonat, keine SMS, wir sind uns noch nicht einmal über den Weg gelaufen - und dann das.
Wir haben uns wieder getroffen. Und uns ausgesprochen. Und wir haben uns wieder ineinander verliebt - und sie hat mir verziehen, obwohl sie nach der Trennung eine sehr harte Zeit durchgemacht hat. Erneute drei Jahre lang waren wir ein glückliches Paar, haben viel erlebt, sind viel rumgekommen um dann letztendlich 2009 zu heiraten. Eine große weiße Traumhochzeit aus Liebe, Flitterwochen auf Hawaii, wir beide - die einfach zusammengehören.
Das war der Anfang vom (offenen) Ende.
Im Verlauf unserer kurzen Ehe kamen die Probleme. Zwar hat mir die Eheschließung geholfen, meine Eifersucht in den Griff zu bekommen, aber gleichzeitig wurde mir meine Frau auch selbstverständlich. Sie "gehörte" mir ja jetzt, da gab es für mich nicht mehr so viele Gründe, ihr gegenüber stets aufmerksam zu sein. Ich bin sehr egoistisch und mache gerne mein Ding, aber wo ich früher noch kompromissbereit war, lief die folgenden Jahre so gut wie alles nach meinem Kommando. Sie hat mich oft darauf hingewiesen, es gab oft Streit deswegen, dann war wieder eine Woche alles gut, und dann ging es doch so weiter wie gehabt. Ich habe sie schlicht und einfach nicht wahrgenommen. Sie hat wohl auf Besserung gehofft und mein Verhalten auch deshalb ertragen, weil wir trotz allem immer eine gute Basis hatten und haben und sie weiß, dass sie sich auf mich immer verlassen kann, egal was für ein Ar*** ich auch manchmal bin. Dazu kommt, dass wir immer Kinder wollten. Sie schon immer und sofort, ich als Egoist habe immer ein bißchen dagegengerudert. Das Thema ist ja bekannt, Männer haben da eher Respekt und kommen gerne mit den Worten "wir haben doch noch Zeit". Trotzdem war mir immer klar, dass sie die Frau ist, mit der ich eine Familie gründen möchte.
Und das haben wir auch versucht. Auf die herkömmliche Weise - ohne Erfolg. Mit Hilfe einer Kinderwunschpraxis - ohne Erfolg. Und zuletzt mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung - bei diesem einen Versuch ebenfalls ohne Erfolg. Diese ganze Prozedur hat uns sehr belastet, und auch hier war ich ihr wohl nicht die Stütze, die sie brauchte. Wir haben uns abgelenkt, indem wir uns immer mit vielen Freunden umgeben haben, selten alleine waren und immer unterwegs. Ihre beste Freundin war ein gemeinsamer Freund, der sich liebevoll um sie und um uns gekümmert hat, der 6-7 Tage die Woche bei uns war und in der Zwischenzeit zu so etwas wie einem Familienmitglied wurde. Uns gab es nur noch zu dritt. Das kam anderen irgendwann komisch vor, und ich wurde oft gefragt: "da ist aber schon alles in Ordnung zwischen den beiden?" und ich konnte das aus tiefstem Herzen mit "ja" beantworten. Dann gab es zwei, drei Situationen, in denen ich mir selber nicht mehr ganz sicher war, und ich habe beide darauf angesprochen. Nein, alles in Ordnung... Außerdem hatte ich das Thema mit der Eifersucht schon hinter mir. Und obwohl das jeder Mann seiner Frau attestiert: meine ist die allerletzte Person auf der Erde, die mich betrügen würde. Da war ich mir sicher.
Nachdem meine Frau ihren Job gewechselt hat und wir die Sache mit der Familienplanung fortsetzen wollten, habe ich uns nach Jahren in meiner kleinen Wohnung ein Haus im Grünen gekauft - mit viel Platz für mindestens drei Kinder, fünf Katzen und einen Hund. Das Haus ist noch in der Renovierungsphase, weil einiges gemacht werden muss, und so lebten wir bis vor kurzem noch in der besagten kleinen Wohnung. Immer wieder gab es Streit zwischen uns, bis sie mir vor einiger Zeit eröffnete, dass sie das nicht mehr kann. Sie ist kurzfristig zu ihrer Mutter gezogen. Wir hatten kurz darauf eine Aussprache, sie blieb bei ihrer Mutter, die Woche darauf trafen wir uns und sie sagte mir, dass sie sich eine Wohnung gemietet hätte, weil sie nicht mit mir in das Haus ziehen wolle. Der Schritt war für sie sehr groß - und deshalb bohrte ich und bohrte und bohrte. Sie erzählte mir am Rande eines Nervenzusammenbruchs, dass der Freund, der immer für sie da war und ihr zugehört hat, sie eines Tages geküsst hat - und sie hat sich darauf eingelassen. Auf die Frage, was sie dabei empfunden hat, antwortete sie: "es hat gereicht". Ich bohrte weiter. Und so weit, dass sie mir leid tat, denn es war wirklich heftig für sie. Und ja, sie haben auch miteinander geschlafen. Natürlich, ich habe die beiden ja zusammen zu Hause gelassen, wenn ich sonst wo war. Vertrauen und so. Sie schämt sich sehr dafür, was sie getan hat und erkennt sich selbst nicht wieder (das glaube ich ihr auch), gibt aber auch mir ein Stück von der Schuld, weil ich es so weit habe kommen lassen. Ich habe nur begrenzt Verständnis, konnte ihr aber selbst in dem Moment, als sie mir davon erzählte, keine Vorwürfe machen. Und habe ihr bereits verziehen, da war sie noch gar nicht fertig mit ihrem Satz. Auf dieses Geständnis folgten viele, viele weitere zermürbende Gespräche. Ich bin jemand, der lieber einmal alles auf dem Tisch hat, auch wenn es echt weh tut, obwohl mir jeder sagt, dass es manchmal besser ist, wenn man nicht alles weiß. Aber wenn ich es nicht weiß, stelle ich es mir vor, und das bringt mich um. Und so bohre ich. Und mache mehr bei ihr kaputt, als ich es ertragen kann. Zu Tage gefördert habe ich bisher folgende Fakten: Sie haben sich mehrfach geküsst, mindestens einmal miteinander geschlafen (ich tippe auf mehr), er ist unsterblich in sie verliebt, sie auch in ihn und auch noch ein bißchen in mich. Sie steht vor der Wahl: 8 Jahre Beziehung, in der vieles schlecht lief, aber eben auch vieles gut und gewohnt und grundsolide, oder ein Neuanfang mit dem "besten Freund", der übrigens noch nie eine Freundin hatte, aber jede Gelegenheit nutzt, die sich ihm so bietet.
Als ich es erfahren habe, bin ich zu ihm gefahren. Er hatte Angst, aber ich wollte nur mit ihm sprechen. Ich sagte ihm, dass ich weiß, dass man für Gefühle nichts kann, ich aber trotzdem noch nie von einem Menschen so enttäuscht wurde. Immerhin war er quasi ein Familienmitglied, das fast täglich bei uns war, das ich bekocht habe und ins Kino eingeladen wenn er mal kein Geld hatte. Ich habe ihn gebeten, sie nicht unter Druck zu setzen und ihr Zeit zu geben, weil die Entscheidung allein bei ihr liegt. Das hat aber nichts geändert. Ich war noch nie in der Situation und habe vielleicht leicht reden, aber ich bin der Überzeugung, dass man - zumindest als Mann - seine Emotionen so im Griff haben sollte, dass man nicht mit einer vergebenen Frau schläft. Geschweige denn mit einer verheirateten. Geschweige denn mit einer verheirateten, in deren Leben man solch tiefe Einblicke hat und die ganzen Umstände kennt mit Familienplanung und baldigem Umzug ins eigene Haus. Doch, ich glaube da mache ich ihm schon Vorwürfe.
Da er meine Bitte nicht erhört hat, ihr Zeit zu geben und es mir sehr schwer fällt, mich zurückzuziehen, während er weiter an ihr herumgräbt, sieht die momentane Situation so aus: Sie kann nach wie vor nicht sagen, für wen sie sich entscheiden würde. Das macht uns alle kaputt, aber so ist es nun mal. Ich habe sie gefragt, ob sie mir versprechen kann, mit KEINEM von uns Beiden irgendetwas Näheres zuzulassen, bis sie sich entschieden hat. Sie hat mir das versprochen und ich glaube und vertraue ihr. Heute habe ich sie gefragt, ob sie sich sexuell zu ihm hingezogen fühlt. Und siehe da, das tut sie. Auch das hat mir wieder einen tiefen Schlag versetzt, denn meine Frau kenne ich als jemanden (schon immer), bei dem Sex nicht an erster Stelle steht. Und so etwas wie "sexuell hingezogen" schon gar nicht. Bei ihr haben eigentlich immer andere Dinge gezählt. Unter anderem dafür liebe ich sie auch so. Und frage mich immer mehr, wer oder was sie geworden ist.
Fakt ist, bis heute wechseln er und ich uns damit ab, Zeit mit ihr zu verbringen. Die beiden haben es wohl immer nett, weil er ihr "keinen Druck macht, sondern einfach nur einen schönen Tag verbringt". Kann er ja auch, er hat weder seine Ehe verbockt noch wurde er betrogen - ich glaube, sie versteht das nicht so recht. Wir verbringen größtenteils auch schöne Stunden, was vor allem daran liegt, dass ich ziemlich viel in mich hineinfresse. Manchmal fange ich dann aber wieder an mit bohren, weil ich nicht anders kann. Und zerstöre wieder alles.
Ich will kämpfen, ich will meine Frau zurück, und ich weiß, es wird auf jeden Fall hart werden. Egal wie sie sich entscheidet.
Langsam verliere ich jedoch die Kraft. Ich hätte gedacht, ich stehe das durch - aber ich denke, ich kann das nicht mehr lange durchhalten. Ich will meine Frau nicht aufgeben, weil ich sie wirklich von ganzem Herzen liebe, aber ich weiß nicht, ob es nicht besser wäre, die Segel zu streichen. Ich will ihrem Glück nicht im Wege stehen, aber ich möchte, dass sie sich ganz sicher ist, was ihr Glück ist.
Sie hat mein Vertrauen, nach wie vor. Und meine Liebe sowieso.
Was soll ich nur tun.
O.