Ich lese schon seit einiger Zeit die Beiträge hier und habe festgestellt, dass es zwei verschiedene Arten von Fremdgehen gibt unabhängig ob Mann oder Frau.
Bei den einen, die es wohl immer wieder tun werden, ist es der Wunsch nach immer neuen Erfahrungen, Aufregung, Spannung und Freiheit und einfach nur Spaß haben. Das sind dann die, die es immer wieder machen und quasi auf den Geschmack gekommen sind und denen es kaum möglich ist, eine "normale" Beziehung zu führen. Die Beziehung leidet darunter, weil entweder diese Person sich eingeengt und nicht frei fühlt, weil sie sich nicht ausleben kann oder der Partner leidet darunter, weil die Person es eben doch auslebt.
Die andere Gruppe umfasst die Personen, die in ihrer Beziehung nicht völlig glücklich sind, die irgend etwas vermissen, es aber entweder selber nicht genau benennen können oder aus bestimmten Gründen nicht mit ihrem Partner drüber reden können. Dann ist der Fehltritt eine Art Hilferuf, der entweder die kränkelnde Beziehung völlig zerstört oder ihr eine neue Chance gibt, weil endlich die Probleme auf den Tisch kommen und man versuchen kann, noch einmal neu anzufangen. Damit befassen sich auch diverse Bücher (Untreue als Chance), kann also nicht völlig aus der Luft gegriffen sein.
Warum ich das schreibe...
Es gibt hier im Forum immer dieses Schwarz-Weiß-Denken. Der Fremdgeher ist der Schuldige und der Betrogene ist der Unschuldige. Aber so einfach ist es in den meisten Fällen nicht. Man sollte nicht urteilen, wenn man die Hintergründe nicht kennt.
Bei mir war es jedenfalls nicht so simpel. Ich liebte meinen Mann, aber es fehlte Aufmerksamkeit, gemeinsame Zeit, Nähe... Wir lebten monatelang nebeneinander her und ich fühlte mich mehr wie ein Einrichtungsgegenstand als wie ein geliebter Partner. Reden war nicht wirklich möglich, weil ich erstens schwer über meine Probleme und Gefühle reden kann und zweitens mein Mann so viele berufliche Probleme hatte, dass ich ihn nicht auch noch mit meinen belasten wollte, aber ich habe immer mehr unter der Situation gelitten.
Als ich für eine Woche meine Familie besucht habe, habe ich mich mit einem früheren Bekannten getroffen, einfach so zum Quatschen. Aber das Treffen ging leider anders aus, als ich dachte. Ich erzählte von den Problemen und bekam plötzlich die lange vermisste Aufmerksamkeit und Verständnis, das Gefühl, als Frau scheinbar doch irgendwie begehrenswert zu sein... Natürlich weiß ich, dass er meine Situation ausgenutzt hat und ich leicht zu manipulieren war. Aber ich brauchte damals so dringend Nähe, dass ich das nicht bemerkt habe. Es ging eigentlich auch nicht um das Körperliche sondern eher um die seelische Nähe.
Natürlich flog das Ganze kurz darauf auf, weil mir wohl auch deutlich anzumerken war, dass etwas nicht stimmt. Es war mit die schlimmste Zeit meines Lebens und ich war oft kurz davor, irgendwelche Schlaftabletten oder so zu schlucken und einfach nicht mehr aufzuwachen, weil ich absolut nicht damit klar kam und den Respekt vor mir selber völlig verloren hatte. Ich konnte nicht verstehen, wie ich so etwas tun konnte und wie ich jemanden so verletzen konnte. Das war einfach nicht ich und das passte überhaupt nicht zu mir. Mein Mann hat natürlich sehr unter diesem Vertrauensbruch gelitten und war erst wütend, dann verletzt und voller Selbstzweifel.
Mittlerweile sind sechs Monate vergangen, aber die Situation ist noch immer schwierig. Ihm macht es immer noch zu schaffen und sein Misstrauen ist noch sehr spürbar. Es kommt immer mal wieder hoch. Kleinigkeiten, die früher völlig unproblematisch waren, sind jetzt Indizien für einen neuen Betrug. Mal alleine Shoppen gehen, mit den Kolleginnen zum Mexikaner gehen, Sommerfest der Firma usw.
Natürlich verstehe ich ihn da auch und ich weiß nicht, ob ich mich an seiner Stelle anders verhalten würde, aber kann man so eine Beziehung führen? Es gibt ja eigentlich nur drei Möglichkeiten:
Entweder man gibt der Ehe noch eine Chance, also wirklich und von beiden Seiten, und versucht, wieder Vertrauen aufzubauen und setzt sich mit den Ursachen auseinander.
Man führt die Beziehung mit Misstrauen, Kontrolle und Rechtfertigungen weiter und macht sich dabei nach und nach gegenseitig kaputt.
Oder man ist sich und dem Partner gegenüber so ehrlich und beendet die Beziehung, wenn man es nicht verzeihen kann.
Ich selber weiß, dass ich so etwas nie wieder tun würde, aber warum sollte er das glauben? Vielleicht weil er mich liebt und mir glauben und vertrauen will Aber will er das? Vielleicht denkt er nur, dass er mich noch liebt, weil er Angst vor den Konsequenzen und dem Alleinsein hat
Die Zukunft wird es wohl zeigen.