amada_11945473Hey Schmetterling
tut mir leid, dass meine Antwort so lange auf sich warten lassen hat, aber eine meiner Bezugspersonen hat mich Ende letzter Woche mal wieder ziemlich in Probleme gebracht, in dem sie genau das Gegenteil von dem getan hat, was sie mir nur zwei Tage vorher noch gesagt hatte: Zumindest zu versuchen, mir zu helfen. Sattdessen bekam ich (wie so oft) die geballte Ladung Ignoranz. Das baut nicht gerade auf. Ich sollte mir über meine Bezugspersonen mal ernsthaft Gedanken machen.
Na ja, zu deinem letzten Eintrag...
Die zusätzlich geschilderten Symptome machen für mich eine depressive Erkrankung durchaus glaubwürdig.
Ein gewalttätiger Mensch bin ich auch nicht. Das ändert aber nichts daran, dass ich in depressiven Phasen sehr schnell gereizt reagiere und auch mal Sachen sage, die nicht so gemeint sind und mir später unendlich leid tun.
Es ist eigentlich einfach und doch schwer...
Ein klassisches Beispiel: Ich frage eine meiner eingeweihten Personen, ob sie Zeit zum Reden hat. Ich bekomme eine Absage. Eine typische Reaktion (die ich wirklich zu vermeiden versuche) wäre jetzt etwas zu antworten wie: "Wenn du wolltest, hättest du schon Zeit, aber ich bin dir nicht wichtig genug dafür." oder "Für andere hast du doch auch Zeit..." So etwas kommt durch das völlig zerstörte Selbstwertgefühl zustande und verstärkt dieses noch, wenn eben nur "Nö, leider keine Zeit." zurück kommt. Da kann man so unglaublich viel hineininterpretieren, und in einer Depression liegt es auf der Hand, das das dann nichts Positives sein wird.
Für mich besser wäre eine Antwort wie: "Klappt jetzt leider nicht, weil ich noch das und das zu tun habe. Aber wir können dafür dann und dann reden..."
Damit habe ich einen nachvollziehbaren Grund, warum jetzt keine Zeit ist und muss mich nicht darin bestätigt fühlen, so minderwertig zu sein, dass ich es noch nicht einmal Wert bin, dass man mit mir spricht.
Wenn der Grund für das keine Zeit haben aber z.B. "nur" Fensterputzen oder so etwas ist, könnte es auch passieren, dass ich mich dann wertloser fühle als ein dreckiges Fenster, weil das Fenster eben vor mir dran ist und damit scheinbar wichtiger als meine Probleme.
Das ist "meine" Depression. Mit solchen Einlagen mache ich es meinem Umfeld schwer. Sie wissen irgendwann nicht mehr, was sie sagen sollen, weil sie das Gefühl haben, dass sie eh das Falsche sagen. Und dann sagen sie gar nichts mehr. Ignorieren mich. Gehen nicht ans Telefon, beantworten keine Nachrichten. Und das ist das Schlimmste. Einen größeren Beweis, völlig wertlos zu sein kann man einem Depressiven gar nicht liefern.
Was mich gewundert hatte, war, dass dein Mann gleich mehrere Tage unterwegs ist, wenn er ausrückt. Das ist bei mir ganz und gar nicht so. Ich bin nach spätestens ein bis zwei Stunden wieder zuhause. Mit den zusätzlich geschilderten Sachen (machmal Bäume ausreisen können) kommt mir allerdings eine bipolare Depression in den Sinn (manisch depressiv), wo sich absolute Hochs und Tiefs abwechseln. Da mich das aber nicht betrifft, kenne ich mich damit nicht wirklich aus. Ich kann daher nicht sagen, ob man die langen Radtouren damit erklären könnte.
Eines kann ich aber sicher sagen: Wenn jemand, der wirklich in einer depressiven Phase steckt, faul wirkt, dann muss man sich immer wieder klar machen, dass Depressionen nichts mit Willensschwäche, Faulheit oder "sich gehen lassen" zu tun haben. Auch wenn das sehr unverständlich und nicht nachzuvollziehen scheint.
Zu deinen Schilderungen in Bezug auf Alkohol kann ich leider auch nicht wirklich hilfreich sein. Generell ist es wohl so, dass Männer dazu neigen Depressionen mit Alkohol "entgegenwirken" zu wollen. Wenn er aber zuhause nicht übermäßig viel oder mehr trinkt, würde das dieser Vermutung widersprechen.
Ich persönlich habe in diesem Fall das (Luxus)problem, dass ich generell so gut wie überhaupt keinen Alkohol trinke. Daran ändert sich auch während der Krankheit nichts. Darum kann ich auch nicht einschätzen, ob Alkohol zu "guter Stimmung" führen könnte. (Wenn ich von mir ausgehe, kann ich es mir nicht wirklich vorstellen, aber das muss nichts heißen.)
Liebe Grüße,
Jano