Wenn Frauen zu sehr lieben
Hallo Sweata,
zu sehr lieben bedeutet:
- sich für einen Menschen bis zur Selbstaufgabe zu verzehren,
- diese Besessenheit mit Liebe gleichzusetzen,
- zulassen, dass sie die eigenen Gefühle und einen Großteil des Verhaltens bestimmt,
-erkennen, dass sie sich auf die eigene körperliche und seelische Geseundheit negativ auswirkt,
- und trotzdem nicht loslassen können.
Ich verstehe dich, besser als du wohlmöglich denken magst. Ich befinde mich momentan in einer sehr ähnlichen Situation, allerdings bin ich mit "meiner geliebten Person" nicht mehr zusammen... WEIL ich zu sehr geliebt habe und meinen Partner zu meinem Lebensmittelpunkt gemacht habe. Er hat sich vor 3 Tagen von mir getrennt. Seitdem denke ich ununterbrochen an ihn, sitze in meinem Zimmer und starre Löcher in die Wände. Ich habe Heulkrämpfe, die ich nicht in den Griff bekomme, ob beim Einkaufen an der Kasse oder während ich im Bus sitze, es holt mich überall ein, dieses Gefühl von Hilflosigkeit... dass ich halt einfach nicht ohne ihn leben kann. Ich hätte niemals gedacht wie sinnlos einem alltägliche Dinge erscheinen können, wenn man sie nicht mit der Person erlebt, die man liebt. Selbst die Dinge, die wir nicht zusammen gemacht haben, erinnern mich an ihn.
Das Schlimmste an der Situation ist, dass ich nun wirklich ganz allein dastehe, weil ich genauso wie du auch, allem anderen um mich herum keine Bedeutung mehr gegeben habe. Alles hat sich nur noch um ihn gedreht, ich habe seine Bedürfnisse über meine gestellt. Wenn er glücklich war, reichte mir das, um auch glücklich zu sein. Ich wollte ihm das Gefühl geben, stets für ihn da zu sein, dass er auf mich bauen kann und ich wollte ihm zeigen, dass ich das Beste bin, was ihm passieren konnte und dass er stolz darauf sein kann, eine so perfekte Freundin gefunden zu haben. Ich war so sehr darauf fixiert, gut für ihn zu sein und dafür zu sorgen, dass er sich wohl fühlt und dass er zufrieden ist, dass ich mein eigenes Wohlergehen und meine eigenen Gefühle darüber hinaus komplett vergessen habe.
Dadurch habe ich mich natürlich zwangsweise von meinem kompletten, sozialen Umfeld isoliert. Es fing mit meinem Freundeskreis an und endete im beruflichen Umfeld. Weil wir uns automatisch zurück ziehen, wenn Menschen denen wir am Herzen liegen unsere Veränderung bemerken und uns auf unser krankhaftes Verhalten aufmerksam machen, das wollen wir nämlich alles nicht hören, denn die Einsicht würde bedeuten, dass wir Loslassen müssen und das können wir nicht, WEIL WIR ZU SEHR LIEBEN. Ich konnte mit niemanden über meine Gefühle und Verlustängste sprechen, weil keiner genügend Verständnis aufbringen konnte, um mich zu verstehen, alle wollten mich immer nur vom Gegenteil überzeugen, dadurch habe ich mich natürlich immer mehr zurück gezogen. Irgendwann konnte ich mich nicht mal mehr auf der Arbeit konzentrieren, meine Gedanken kreisten rund um die Uhr um diese eine Person. Ich muss dazu sagen, dass ich selbst während unserer Beziehung ständig im Konflikt gelebt habe, weil ich mir eingeredet habe, er würde mich gar nicht lieben, weil sonst dieses und jenes ganz anders laufen würde. Also verharrte ich in dieser Situation mich noch mehr anstrengen (ihn noch mehr lieben) zu müssen und vertrieb ihn dadurch immer weiter. Heute weiß ich, dass er mich geliebt hat, er hat es lediglich auf eine gesündere Art und Weise getan, als ich es tat. Außerdem hat er immer sehr auf seinen Freiraum bestanden. Er hat sein Wohlergehen halt nicht ausschließlich von meinem abhängig gemacht und das allein, war für mich Beweis genug, dass er mich gar nicht lieben könne, weil er es schließlich nicht so selbstzerstörerisch tat, wie ich! Meinen Job habe ich vor 3 Wochen verloren, wegen ihm, sage ich jetzt ganz bewusst, allergings trifft ihn daran nicht die geringste Schuld. Ich habe es dazu kommen lassen, weil ich mich wegen ihm, zu stark abgekapselt habe. Und als er sich jetzt letztendlich vor 3 Tagen auch noch von mir trennte, kam ich mir natürlich hinsichtlich dessen und auch der ganzen anderen Dinge, die ich für ihn getan und aufgegeben habe, extrem ungerecht behandelt vor. Soll das jetzt der Dank für Alles sein? Das ich jetzt ganz alleine da sitze? Recht typisches Verhalten für jemanden, der immer mehr gibt, als er eigentlich zurückverlangen könnte - wenn man ehrlich zu sich ist, möchte man ja doch ganz tief im Inneren irgendwann für diese grenzenlose Hingabe belohnt werden.
Ich bezeichne dieses "zu sehr lieben" in der Tat als Krankeit bzw. als heimliche Sucht, gebraucht zu werden (Buchtitel vom Autor Robin Norwood "Wenn Frauen zu sehr lieben - Die heimliche Sucht, gebraucht zu werden - sehr empfehlenswertes Buch für Frauen, die sich hier Wiedererkennen). Eine Sucht deshalb, weil ich weiß, dass diese Art zu lieben falsch ist, ich könnte aber so schnell nichts daran ändern und würde mich in die nächste Beziehung wohlmöglich genauso intensiv stürzen. Was daran liegt dass ich einen Fürsorge-Komplex habe, der aus meiner Kindheit rührt. Du merkst, wenn man einmal damit anfängt, sich nach dem WARUM zu fragen, musst du wirklich sehr tief graben.
Und wenn du nicht möchtest, dass dein Freund sich eingeengt und überfordert fühlt und als einzige Lösung nur noch die Flucht sieht, musst du ein bißchen locker lassen und einen Gang zurück schalten. Genieß die schöne Zeit, die du mit ihm hast, anstatt sie kaputt zu machen, weil du in Gedanken schon wieder um die Tage bangst, wenn er nicht bei dir ist.
Lass nicht zu, dass es bei dir so endet, wie bei mir!
Ganz liebe Grüße!!!!