Hallo ihr Lieben,
ich schreibe hier einen Beitrag, weil ich mich freue würde, mal andere Meinungen, außerhalb meines Freundes- und Familienkreises zu hören, die einem selbst ja im allgemeinen immer eher wohlwollender gesonnen sind bei Ratschlägen. Vielleicht hat ja jemand Zeit und Lust, meinen text zu lesen... auch wenn er furchtbar lang ist :(.
Meine Situation:
Ich (w/32) habe mich vor 2 Tagen von meinem Freund getrennt. Wir wohnen zusammen in einem gemieteten Haus, also herrscht hier aktuelle diese komische Zwischenstimmung in der man die Botschaft erstmal realisieren muss. Meine Motivation zur Trennung kam mit einem "Aha-Erlebnis" in einem Streit, in dem mir aufgrund einer eigenen Äußerung klar wurde, dass es so nicht weiter gehen kann. Nach einer denkreichen Nacht habe ich mich dann entschieden.
Die Gründe hierfür haben sich summiert seit dem Anfang unserer Beziehung. Wir lernten uns zufällig vor 2 Jahren kennen, als er noch verheiratet war (auch erst seit 4 Monaten), haben uns gut verstanden, viel geredet, auch über seine Ehesituation, aber waren aufgrund der bestehenden Ehefrau keine Option füreinander. Diese hat dann aber 2 Wochen später entschieden, Ihre Ehe beenden und lieber mit Ihrem Arbeitskollegen eine Familie gründen zu wollen. Daraufhin haben wir uns dann "legal" kennengelernt und festgestellt, dass es passen könnte. Er war die 3 Wochen bis zu seinem Auszug an den Wochen dann bei mir. In dem ganzen Scheidungstrubel war ich immer mit Rat und Tat für ihn da. Ich hab mit ihm seine neue Wohnung besorgt, immer zugehört etc. Wir begannen eine Fernbeziehung (200 km), bei der ich immer Freitags zu ihm und montag früh zur Arbeit gefahren bin. Er hat seine Ehe schnell abgehakt und einen sehr lockeren, hilfsbereiten Kontakt zur Ex-Frau geführt (beides fand ich damals schon sehr komisch).Wir haben dann eine Beziehung begonnen.
Die lief dann so, wie Beziehungen eben laufen. Wir haben unsere Wochenenden jedoch ausschließlich bei ihm verbracht und niemand sollte wissen, dass er eine neue Freundin hat. Auf Nachfragen von Leuten hat er entweder gar nicht reagiert oder das Thema gewechselt. Wenn ich ihn irgendwo hin gefahren habe, dann sollte ich ihn an der Ecke vorher raus lassen. Natürlich nur, um meinen Wagen nicht schmutzig zu machen....:roll:. Ich habe mehrfach gesagt, dass mich das belastet und verletzt, aber er wollte es unbedingt so haben. Solange bis ich ein Ultimatum gesetzt habe, dass er entweder jetzt zu mir steht oder eben auf mich verzichten muss. Ab da lernten mich Eltern und Freunde dann kennen. Seine Ex durfte bis zu Scheidung aber bloß nichts erfahren. Wir durften nicht mal in Ihrer Straße vorbei radeln. Sie könnte ja Stress bei der Scheidung machen und diese dann nicht mehr allein bezahlen.
Nach etlichen Wochen, in denen ich bei 60 h Arbeit jeden Freitag im Stau zu ihm und am Montag um 5 Uhr wieder zur Arbeit gefahren bin, habe ich gesagt, dass mich das belastet, weil ich nicht zur Ruhe komme und permanent nur am hin und her pendeln bin. Daraufhin kam von ihm, aber was er denn in meiner Stadt solle? Und zudem müsste er ja Samstagvormittag erstmal einkaufen und Sonntagnachmittag dann zurück fahren, damit er entspannt in die neue Woche starten kann. (Anm.: Er arbeitet von 9 - 18.30 h mit 1,5 h Mittagspause, ich damals von 8- oft 20 h ) Was nach etlichen Anläufen dieser Art blieb, was das Gefühl, dass es ihm das Engagement nicht wert ist. Ich hab es damals dann hingenommen mit der Aussicht eines Jobwechsels, da wir den Plan hatten, zusammen zu ziehen... an seinem Wohnort, der auch seit 34 Jahren seine Heimat war.
Der Jobwechsel gelang und wir suchen eine Wohnung. Ich dachte, man geht da mit Begeisterung ran und dem Gedanken, endlich mehr voneinander zu haben. Seine Gedanken waren, dass die Wohnung ja passen müsse vom Ambiente her, der Stadtteil und vor allem, dass nur Stadteile in frage kommen, bei denen er nicht weiter zu Arbeit fahren muss. Wir reden hier allerdings von einer Kleinstadt, bei der selbst ein Wohnort am anderen Stadtende eine Verlängerung des Arbeitsweges von 12 auf 16 Minuten bedeutet hättet. Als diejinige, die fast ein Jahr jede Woche 400 km zu ihm gefahren ist, kommt man sich da schon etwas vor den Kopf gestoßen vor.
Wegen all dem hatte ich da schon Zweifel, was ich ihm überhaupt wert bin und ob er überhaupt bereit ist, für mich mal Kompromisse einzugehen bzw. Aufwand in Kauf zu nehmen.
Mit der Zeit in den eigenen vier Wänden stellte ich dann fest, dass der sich als entspannten Macher verkaufende Mann eigentlich nur große Töne vor einer verzerrten Selbstwahrnehmung von sich gibt und einfach bequem ist. Nicht, wenn es um Alltagerledigungen wie Papierkram, Auto etc. geht, da ist er sehr engagiert. Aber bei allem anderen nimmt er den bquemen Weg. Keine Außeinandersetzungen mit anderen, tritt nie mal für seine Meinung ein, sondern sitzt die Dinge einfach aus. Ich bin da komplett anders.
Weiterhin stellt ich fest, dass er zwar in einer Stadt lebte, aber sein Umfeld nur das engstirnige Dorf 8 km weiter war, aus dem er kam. Hier arbeitet er auch seit 10 Jahren und geht Mittags bei seinen Eltern essen. Über allem (im ersten Jahr auch meinem Geburtstag) steht dort das Schützenfest und gesprochen wir, wenn man sich mal bei Veranstaltungen sieht, über andere Leute. Urteilen und Verurteilen steht hier hoch im Kurs. Weniger wert sind allerdings eine gute Bildung, korrekte Anwendung der deustchen Sprache oder wie anderen Leuten geht bzw. ob man sich diesen gegenüber anständig verhält. Es ist alles nur oberflächlich. Jenseits dieses Umfeldes hat er keine weiteren Freundschaften und ohne, dass ich es angestoßen hätte, hätte er von sich aus auch kaum soziale Interaktion betrieben. Die Beziehung und sein iPad reichen ihm.
Zusammengefasst kommen wir aus unterschiedlichen Welten. Er war niemals wirklich woanders, ich hab schon in 5 verschiedenen Bundesländern gelebt aufgrund von Studium und Job. Ich pflege tiefe, innige Freundschaften und brauche zum Leben ehrliche, soziale Kontakte. Ich liebe Sport, er liegt lieber auf dem Sofa mit dem iPad oder sitzt im Garten mit dem Handy. Ich erlebe Dinge gerne bewusst, urlaube auch mal ohne Handy, er such überall zuerst dan WLAN und der Selfie-Stick ist immer dabei. Hinzu kommt, dass ich mit seiner Mutter schlecht klar komme, weil sie sich anderen menschen gegenüber unmöglich verhält und mich auchoft vor den Kopf stößt. Weiß er auch, nimmt es aber hin, weil er keine Lust auf Stress hat.
Seit einem Jahr dominieren bei mir im Kopf zwei Fragen: Bedeute ich ihm überhaupt wirklich etwas oder bin ich austauschbares Mittel zum Zweck (Er will unbedingt Kinder!)? und
Kann es bei so vielen Unterschieden überhaupt passen?
Ich habe oft versucht, es zu klären bzw. etwas zu ändern mit dem Wunsch, dass man sich doch einander annähern kann. Ich Teilen hat das geklappt, z.B. dass wir uns endlich den Haushalt teilen, er nicht mehr kompromisslos Schützenfest feiert und wir gemeinsam Fahrad fahren. Absonsten haben wir gelegentlich was mit Freunden oder seinem Bruder unternommen, das war immer schön. Solange die Beziehung sich auf einem oberflächlichen Niveau bewegte, war also alles gut. Ich war die aktive, treibende Kraft, er hat aber dann gern mit gemacht. Das war zwar anstrengend, wäre aber kein Trennungsgrund.
Sobald es aber an Wertvorstellungen ging, trafen meine Ausführungen auf völliges Unverständnis. Auf meine Aussage, dass ich hier nicht wirklich glücklich sei, ich mich in seinem Umfeld fremd fühle und mir hier besondern im Hinblick auf soziales Miteinander,etwas fehlt, kam nur, dass ich dann eben etwas ändern muss oder mal meine Ansprüche runter schrauben, er habe schließlich kein Problem. Und es würde ja an mir liegen, schließlich wäre dieser Lebensstil ja für alle in seinem Umfeld normal (Ausführungen, wie soziale Gruppen sich finden, haben auch leider nicht gefruchtet). Nach meinem Verständnis ist das Problem des Partners aber in einer guten Partnerschaft dann auch genauso mein Problem, wenn ich mit diesem ein schönes Leben haben will. Mit dieser und ähnlichen Aussagen drehte es sich lange im Kreis und ich war oft kurz davor, zu gehen. Immer zurück gehalten von dem Gedanken, nicht zur Generation-Beziehungsunfähig gehören zu wollen und gleich alles hinzuschmeißen, weil die zu hohen Erwartungen nicht erfüllt werden. Das durfte ich mir auch oft anhören. Ich habe mich für meinen Teil immer bemüht, habe von mir aus trotzdem seine Mutter eingeladen, auch wenn ich das schrecklich fand, habe die Schützenfeste gerne mitgefeiert etc. Immer mit dem Gedanken, dass ich einen Schritt in seine Welt mache und er irgendwann auch etwas in meine Richtung geht. Als Begründung dafür, dass er z.B. nicht mit mir weg ziehen könnte, selbst wenn er grundsätzlich bereit wäre, hat er dann immer meine Zweifel als grund angeführt. Somit lag es wieder an mir.
Jetzt habe ich festgestellt, dass ich demnächst gerne Kinder möchte. Er möchte sowieso unbedingt welche, denn das ist tatsächlich sein einziges Ziel im Leben. Und da hat sich rausgestellt, dass wir auch hier unterschiedlich ticken. Ich schaue, dafür die beste Basis zu finden und auch finanziell einen Grundstein zu legen, um meinen Kinder etwas bieten zu können. In dem Zusammenhang habe ich auch nachgehakt, ob er mal über eine berufliche Weiterentwicklung nachgedacht hat. Er verdient weniger als ich und bei mir baut sich mit diesem Gedanken ziemlich viel Druck auf, weil dann alles an mit hängt. Ich muss schnellstmöglich wieder arbeiten wegen des Geldes, gleichzeitig schließt er bzw. sein chef aber auch jede Möglichkeit auf Teilzeit bei ihm aus. Seine Reaktion daraufhin war, ich solle mal von meinem "Bonzen-Denken" runter kommen. Man wird schon irgendwie klar kommen, das schaffen ja selbst HartzIV-Familien, und man müsse ja auch nicht ständig in den Urlaub fahren. Das es "irgendiwe geht", wenn man im Vorfeld aber mit ein bisschen Anstrengung und Engagement eine gute Basis schaffen kann, ist aber nicht mein Anspruch. Meine Ängste wurden mal wieder nicht beachtet, sondern als sinnlose Ansprüche abgetan und dass seine Art mich dann wütend macht als übertriebene Reaktion.
Er sagt von sich, er wäre der beste Papa überhaupt, auch mich einem mittleren Gehalt und die Kinden stünden eh immer an ersten Stelle. Beides glaube ich ihm absolut und das waren u.a. die Gründe, warum ich mir eine zeitlang gut mit ihm Familie vorstellen konnte. Aber die Unterschiede in den Grundsatzfragen der Lebensgestaltung schienen immer gravierender.
Und da waren Sie wieder, die Fragen: Kann das passen? Bin ich ihm überhaupt etwas wert oder nur Lebensgesellschafterin und Erzeugerin für die gewünschten Kinder, wenn meine Bedenken und Wünsche niemals Gehör finden?
Am letzten Sonntag habe ich mir diese Fragen das erste Mal beide mit einem "Nein" beantwortet und ide Konsequenzen gezogen und ihm gesagt, dass ich in seinem Leben nicht glücklich werden und zu seinen Bedingungen keine Familie gründen möchte. Er versteht es absolut nicht und sieht es als "Ich schmeiße alles hin, weil ich meinen Willen nicht kriege."
Ich sehe allerdings, dass er niemals wirklich Kompromisse machen wird oder für eine gemeinsame Zukunft aus seinem bequemen Leben ausbrechen. Und ich habe Angst, mich jetzt zufrieden zu geben und in 10 Jahren dann frustriert da zu stehen, weil ich in dem Umfeld ungkücklich wurde und es ihn nicht interessiert, weil er seine Kinder hat.
Er sagt, ich muss mal Abstriche im Leben machen, und vielleicht ist das auch nicht falsch, aber ich frage mich, wo er seit Anfang unserer Beziehung jemals Abstriche bei seiner Lebensführung machen musste. Er lebt sein Leben wie immer.
Was nun bleibt, ist Er in völligem Unverständis und ohne Einsicht, dass er seinen Anteil an der Situation hat, und ich vor der Frage "Hätte es doch funktionieren können?" Denn im Alltag haben wir super zusammen funktioniert, hatten den gleichen Humor und waren oft glücklich zusammen. Aber reicht das?
Falls jemand einen Rat hat, diese Frage zu beantworten, sehr gerne :).
LG