Im Moment weiß ich nicht mehr, was ich denken soll. Ich (47) lebe seit 2 Jahren in einer Beziehung zu einem Mann (48), bei dem mir nach und nach Folgende Dinge aufgefallen sind:
Er gibt sich äußerst charmant. Alle meine Bekannten, die ihn kennengelernt haben, sind begeistert von ihm (auch meine Mutter ;-) und die ist kritisch).
Er ist sehr kommunikativ, weiß viel (vieles aber leider auch besser).
Er kann überall mitreden. Redet aber sehr gerne von sich. Meine Schwester nannte ihn nach 2 Besuchen von uns bei ihr scherzhaft: Moi, je (Er ist Franzose und sie spielte damit auf seine Ich-Monologe an).
Er hat in den letzten beiden Jahren, als ich mit ihm zusammen war zum einen seinen Arbeitsplatz verloren. Er ist Franzose und hat für eine deutsche Firma gearbeitet, von daher ist es die "rigidité allemande", die Schuld an seinem Scheitern war, darauf komme ich aber noch zurück. Das hat ihn auch in seinem Selbstwertgefühl getroffen. Doch genau dieses Selbstwertgefühl ist ein weiterer Punkt, der zu Problemen in unserer Beziehung geführt hat.
Er ist sehr von der Bewunderung anderer abhängig. Er hat einen Oldtimer, den er sehr pflegt und gerne ausführt und es tut ihm sichtlich gut, wenn ihm alle hinterher schauen. Das hat er so genau auch einmal zu mir gesagt.
Er reagiert voller Neid auf Menschen, die mehr haben als er. Sind es Fremde, die z.B. einen Porsche fahren, kann man sicher sein, dass er eine abwertende Bemerkung macht. Sind es Freunde, die mehr verdienen als er, dann leidet er sichtlich.
Er spricht viel von Geld. Als ich ihn kennenlernte, führte er mich in Strasbourg, wo er wohnt z.B. zur Weihnachtszeit, damals war er noch arbeitslos, in Luxusgeschäfte wie Hermès. Ließ sich von der Verkäuferin ein Seidentuch für 800 Euro zeigen und tat so, als wolle er es für seine Mutter kaufen. Als ich ihm draußen auf der Straße klarmachte, dass ich so ein Verhalten mehr als sonderlich finde und mit ihm auch nicht mehr in Juwelierläden gehen wollte, wo er die gleiche Show um teure Uhren mit den Verkäufern abzog, reagierte er wütend bis fast beleidigend...
Mir kamen damals schon die ersten Zweifel, was eigentlich nicht mit ihm stimmt, aber da er wegen der Arbeitslosigkeit eben auch oft niedergeschlagen war, hatte ich dann auch wieder fast Mitleid und dachte, das gibt sich, wenn er sich wieder "wertiger" fühlt.
Er hatte dann einen Job und diese "Spielchen" hörten auf. Was dafür aber begann, waren seine zum Teil sehr unsensiblen Kommentare über andere Frauen in meinem Beisein. Sei es, dass er offen anderen Frauen hinterhersah, wenn sie nicht schlecht aussahen und auch Kommentare über deren Hintern machte (darauf war/ist er regelrecht fixiert), sei es, dass er fast bösartig über etwas fülligere Frauen ablästerte, oder Frauen, die besonders sexy gekleidet waren als "Nutten" bezeichnete.
Ich habe ihm auch damals sofort gesagt, dass mich das stört und dass ein ansonsten gebildeter und intelligenter Mann so ein Verhalten doch wohl nicht nötig habe. Und dass sich vieles von dem, was er abwertet (dicke Frauen, Nutten) wohl eher in seinem Kopf abspielt.
Ebenso bat ich ihn, dieses offene Hinterherstarren auf der Straße bleiben zu lassen.
Statt Verständnis wurde dann allerdings ich attackiert: Ich hätte aufgrund meiner Vergangenheit mit den Internet-Typen wohl eine Paranoia. Ich sei übermäßig eifersüchtig. Ich hätte wohl kein Selbstwertgefühl. Er werde mir das "beibringen".
Eine Sprache, die mich wütend machte. Und diese Wut habe ich ihm auch gezeigt. Was mir dann den Vorwurf einbrachte, hysterisch zu sein.
Sicher gab es mit ihm auch schöne Momente. Allerdings erschien mir dieser Mann immer sehr gehetzt zu sein. Er brauchte ständig Bewegung, wollte Sport machen. Er habe ja früher alles gemacht: Tauchen, Segeln, Segelflug, Bergsteigen... und nun mache er nichts mehr. Ich muss dazu sagen, dass ich nicht unsportlich bin, aber mit mittlerweile 47 etwas fauler. Zum Glück habe ich offenbar eine gute Verbrennung :-) und neige nicht sehr zum Naschen, von daher bleibe ich halt mal eher auf der Couch statt auf den Trimm-Dich-Pfad zu gehen.
Er fing allerdings auch nach einer Weile an, das was ich aß zu kommentieren. Nein, keine Kohlehydrate am Abend, aber auf den Erdbeeren ist Sahne, reine Chemie, blabla.... Er selbst achtet sehr auf seine Ernährung. Fast schon ein wenig manisch wie ich finde. Ich genieße gerne, und wenn's mal mehr war, dann habe ich halt den nächsten Tag eingehalten. Er dagegen hielt mir seine Schwester vor: Die schwimmt jeden Morgen 3 km vor der Arbeit. Darauf meinte ich nur: Und wovor schwimmt sie davon?
Ein weiterer Punkt, der mich störte (und der mir nun, nach 2 Jahren mit ihm das Urteil einbrachte, narzisstisch zu sein und manisch eifersüchtig zudem): Er unterlässt es nicht, in meiner Gegenwart sich manchmal wie ein notgeiler (sorry) Affe aufzführen. So sind wir z.B. mit Freunden beim Bowlen, es sind andere Männer dabei, aber nur meiner kommentiert mit heraushängender Zunge die wackelnden Hintern der Sängerinnen auf der MTV-Großleinwand. Er versucht auch, die anderen Männer dazu zu animieren, Kommentare abzugeben - und merkt gar nicht, dass denen das zum einen völlig wurscht und zum anderen gar nicht so angenehm ist. Und er macht das nicht nur einmal, sondern fast den ganzen Abend. Als ich danach was zu ihm sagte, bekam ich wieder das Prädikat: paranoid.
Ein nächster Punkt; Er ist unpünktlich. Und zwar in einer Art und Weise, die an Unverschämtheit grenzt. Er lässt auch seine Freunde warten, die nehmen das langsam nur noch mit Belustigung. Er lässt aber auch mich warten, oder zögert Abfahrten zu Einladungen so lange heraus, bis ich fast am Rande der Verzweiflung bin, weil wir wieder zu spät kommen. Wenn ich dann was zu ihm sage brüllt er mich inzwischen an. Wie ein Wahnsinniger. Und dann kommt der Satz, der mich fassungslos macht: Er lasse sich nicht von anderen, z.B. meine deutschen Freunde, die ja ohnehin den Pünktlichkeitswahn haben, die Uhrzeit diktieren. Niemand diktiert ihm die Uhrzeit. Wenn ich dann sage, dass es doch ER ist, der mit seinem Verhalten allen anderen SEINE Uhrzeit aufdiktiert, dann bin ich wieder die "chieuse rigide". Unnachgiebig, hart, nervig.
Seine "weiblichen Bekannten" sind mir inzwischen ein weiterer Dorn im Auge. Aber auch hier bin ich ja die, die einen narzisstischen Absolutheitsanspruch an ihn habe. Er hat einen großen Freundeskreis ("Freunde sind das Wichtigste im Leben"), davon auch ein paar Single-Frauen, die kenne ich alle, die mag ich alle, mit denen geht er auch mal ohne mich Kaffeetrinken, oder besucht sie, weil eine davon in seiner Nachbarschaft wohnt, macht einen Umzug - alles kein Problem für mich.
Ein Problem habe ich aber mit Telefonaten mit Damen, die ich nicht kenne. Und davon gab und gibt es einige. Ich fand bei ihm eine ganze Telefonliste von Frauen, die nie zu den Freundes-Abenden kamen, nie an seinem Geburtstag auftauchten. Aber mit denen trotzdem viel und fleißig telefoniert wurde. Er hat halt Interesse an anderen ist die Begründung. Leider kam ich da aber immer nur zufällig drauf. Z.B. weil ihm eine auf den AB sprach, als ich in seiner Wohnung war. Er hatte sie offenbar angerufen, und sie meldete sich zurück. Ein anderes Mal macht er beim Brötchenholen einen Abstecher zum Oldtimer-Meeting (mich ließ er 45 Minuten auf seiner Terrasse warten). Und am nächsten Tag bekommt er einen Anruf einer mir unbekannten Frau, ich war am Telefon, die mir sagte, dass er sie gestern auf dem Meeting getroffen habe. Eine ehemalige Kollegin, mit der er sofort die Nummern tauscht. Mir aber nix davon sagt, wobei ich nicht verstehe warum.
Sein Argument: Ich würde mich ja schon auf der Straße so anstellen, wenn er mal anderen hinterherschaut... Also ich bin die, die hier was falsch sieht... Nunja, vielleicht.
Andererseits weiß er, was mir passiert war, und dass ich einfach Wert auf Offenheit lege. Doch da fühlt er sich dann eingeengt...
Ich spüre bei ihm einfach, dass er sehr schnell auf Frauen anspringt, die ihn bewundern. Seinen Charme, sein Kunstverständnis (so hat er z.B. einer Künstlerin seine Nummer gegeben, die ihm dann ihre Arbeiten vorstellen wollte, dabei denkt er gerade nicht im Traum dran, was zu kaufen!), seinen Oldtimer...
Ich habe mit der Zeit aufgehört, ihn zu bewundern, weil ich hinter die Fassade geschaut habe. Mir hat es manchmal fast wehgetan, wenn ich gemerkt habe, wie er sich produziert (was er früher verdient hat, mit welchen reichen Leuten er früher unterwegs war, Geld, Geld, Geld) und dann sein Schmerz, wenn er erfuhr, was frühere Kollegen heute verdienen, welche Karriere sie hingelegt haben.
Ich habe ihm oft gesagt, dass mich dieses materialistische Zeugs nicht interessiert. Dass ich ihn um seiner Selbst mag, und nicht um das was er hat oder vorstellt. Dann war er wieder eine Weile beruhigt, aber sobald er mit seinem Freund in der Schweiz sprach (CEO bei einer großen Pharmafirma mit Top-Gehalt, und mit dessen Frau ich nicht tauschen wollte, weil er niemals anwesend ist, sondern durch die Welt jettet) war da wieder eine Art Wut.
Und die ließ er dann auch zunehmend an mir aus. Ihn störte auf einmal meine Figur (ich soll mehr Sport machen, wiege 65 kg bei 1,75m Größe), warum ich mir die Haare immer föhnen muss (ich tue das alle 2-3 Tage und bin in 15 Minuten fertig) er mag "natürliche Frauen". Andere Frauen seien "cooler" als ich (auch was seine Konakte zum anderen Geschlecht angeht).
Zum großen Eklat kam es nun, um diesen sorry, etwas wirren, Roman zu Ende zu bringen, als wir wieder einmal eingeladen waren und er es absichtlich erneut auf ein Zuspätkommen anlegte (Deine Deutschen Freunde diktieren mir nicht die Zeit). Auf der Heimfahrt war ich sehr sauer. Sprach nicht viel, da wurde mir vorgehalten, dass meine Freunde allesamt netter seien als ich. Ich wäre ja abartig hart, es müsse immer alles nach meinem (!) Kopf gehen. Und überhaupt meine Eifersucht....Als ich keine Antwort gab, griff er mir bei 120 km/h auf der Autobahn ins Lenkrad.
Hier war ich drauf und dran, ihn aus dem Auto zu werfen. Warum ich ihn aber dann tatsächlich vor 3 Wochen aus der Wohnung warf ("so etwas habe er noch nie erlebt") war die Tatsache, dass ich dahinter gekommen war, dass er seit drei Monaten mit einer anderen Frau telefoniert und simst, die er an einer roten Ampel kennen gelernt hat. Sie hat seinen Oldtimer bewundert. Und dann gibt Mann schon mal eine Handynummer raus.
Das schlug bei mir dem Fass den Boden aus. Es gab viele (gelöschte) SMS, angeblich ist sie verheiratet und er wollte nur den Bekanntenkreis erweitern und hätte mir das auch noch gesagt....Aber da hat es mir echt gereicht.
Und nun bin ich erneut die Kranke, mit dem kranken Absolutheitsanspruch. Alle seine Freunde würden das auch sagen. Ich würde nie wieder einen Mann finden. Ich soll mich behandeln lassen. Meine Paranoia sei psychopathisch. Meine Mutter würde mich nicht lieben, daher wäre ich so abhängig von Liebe und hätte Verlustängste... Und ja, ich bin die narzisstische. Die keine anderen Götter neben sich duldet.
Ich weiß, dass das nicht so ist. Ich will nur eines, einen gesunden, erwachsenen, aufrichtigen Mann neben mir. Und ich glaube, das alles ist er nicht. Er hat mich in der letzten Zeit tatsächlich fast in die Hysterie getrieben. Ich habe oft vor mich hergesagt: Ich bin mit einem Irren zusammen. Und trotzdem nicht den Absprung geschafft. Hier sollte ich vielleicht wirklich genauer hinschauen, was mit mir nicht stimmt, denn meine beste Freundin kennt meine Geschichte mit ihm und meinte: Du bist zu leidensfähig. Du hättest viel früher gehen sollen. Du musst nicht erst anderen Frauengeschichten abwarten (an der vielleicht tatsächlich nichts anderes dran ist, als dass er sich da angenommen und verstanden fühlt). Ein Gefühl, das stimmt, das ich ihm nicht mehr geben konnte.
Ich will keinen Mann, der Bewunderung braucht. Ich möchte einen Menschen auf Augenhöhe. Der mich respektiert und sich nicht über meine erlittenen Verletzungen (und ja, die hat es gegeben, aber so ist das Leben) lustig macht.
Trotzdem bin ich nun ziemlich am Ende, nicht nur mit dieser langen Geschichte, sondern auch mit meinen Gefühlen. Er hat mir mit seiner charmanten Art am Anfang sehr viel Hoffnung gemacht, endlich den Richtigen gefunden zu haben. Aber ich habe nicht die Kraft, seine Psychologin zu spielen.
Oder brauche ich eine Psycholgin?
Ich weiß nur, ich habe in dieser Beziehung am Ende zu viel geweint. Und bin auch schon 2 und 3-mal weggelaufen. Aber dann war er immer wie ausgewechselt, schwor Besserung, sah seine Fehler ein, um nach nur kurzer Zeit wieder seine Tobsuchtsanfälle zu kriegen, wenn ich was gegen sein Zuspätkommen sagte.
Und Tränen sind wohl keine Basis für eine glückliche Beziehung...