Hallo liebe Leute,
das ist mein erster Post und ich denke, mir täten ein paar außenstehende Meinungen ganz gut. Es haben sich in meiner Beziehung ein paar Situationen angesammelt, über die ich grade - in der Summe - nachdenke, und ob sie mir vielleicht etwas über meine Beziehung sagen. Ich frage mich, ob diese Situationen mir zeigen, dass er es nicht so ernst mit mir meint, wie ich mit ihm.
Wir führen seit etwas mehr als einem Jahr eine entspannte, liebevolle, respektvolle und ehrliche Beziehung. Wir wohnen in der gleichen Stadt und sehen uns 3-4 Mal die Woche. Was Beziehungen angeht bin ich wohl etwas "erfahrener" (meine letzte Beziehung: 3,5 Jahre mit 30jährigem Freund zusammengewohnt; seine letzte Beziehung: 1 Jahr (seine längste 1,5 Jahre) ohne zusammenwohnen mit einer Anfang 20jährigen). Ich spreche eigentlich immer sehr offen in unserer Beziehung. Ich denke auch, dass er von mir lernt, über sich selbst zu sprechen und dass man in einer Beziehung auch sachlich über Gefühle sprechen kann. Er sagte mir auch schon, dass er es sehr an mir schätzt, bei mir ganz er selbst und auch so offen und ehrlich sein zu können, was er so noch nie war. So kommt es auch mal vor, dass er mir direkt sagt, dass er heute mal alleine sein will, was mich zwar immer ein wenig knickt, aber ich kann es verstehen.
Es geht eigentlich um ganz banale Dinge, die mich irgendwie leicht verletzten bzw. enttäuschen. Beispielsweise wenn ich die Geburtstagskarte, die ich ihm schrieb, im Mülleimer finde (ich habe ihn witzelnd empört darauf angesprochen, er sagte, hat er doch gelesen, Karten hebt er grundsätzlich nicht auf...). Oder er zwei Türchen in Folge des Adventskalenders, den ich ihm gemacht habe, nicht aufmacht hat, weil er es vergessen hat (ich würde mich umgekehrt morgens schon beim Aufwachen darauf freuen und mich direkt draufstürzen). Oder er nach einem 4-tägigen Städtetrip mit Kumpels keine Lust hat, mich zu sehen, weil er alleine sein will. Oder er völlig irritiert reagiert, als ich ihm nach einem Jahr Beziehung und nach dem Umzug eines Freundes sagte, dass ich es mir grundsätzlich auch vorstellen könnte, mit ihm zusammenzuwohnen. (Einige Stunden später sagte er, er habe nochmal drüber nachgedacht und finde es jetzt zu früh - dabei sagte ich ja nie, "ich will jetzt mit dir zusammenziehen"). Oder als ich ihn nach einem dreiviertel Jahr fragte, was er davon hält, wenn wir nur noch mit der Pille und nicht mehr auch noch mit dem Kondom verhüten: Er zeigte sich neutral-zustimmend, ich sagte, dass jeder von uns einfach sicherheitshalber einen HIV-Test machen könne, er stimmte zu. Ich ging die Woche drauf zum Arzt und berichtete ihm davon. Er war bis heute nicht dort. Ich habe ihn nicht mehr drauf angesprochen, weil ich ihn nicht zu so etwas drängen mag. Am Anfang unserer Beziehung hat er mich einmal nicht mit zu einer Party von seinen Freunden genommen oder mich auch nicht gefragt, ob ich mit in seine Heimat möchte,was nun nicht mehr wichtig ist, weil das nun anders ist, aber es summiert sich in meinem Kopf trotzdem dazu. Solche Situationen in denen ich einfach anders handeln würde treten immer wieder auf.
Wenn ich das jetzt so schreibe, klingt das alles total banal und unbedeutend. Grundsätzlich fühle ich mich so voller Liebe und Feuer und "Rosenblätter", und er ist eben nicht so, oder anders: er zeigt es nicht (ganz ganz ganz selten... einmal weinte er tatsächlich ein wenig, als ich ihm sagte, wie wichtig er mir ist). Er ist relativ unemotional und pragmatisch und er sagt selber, dass es lange dauert, bis er sich öffnet. Trotzdem freut er sich natürlich riesig über kleine Aufmerksamkeiten und sagt mir das auch, und die oben genannten Situationen sind natürlich nicht das Gros, sondern treten nur hin und wieder mal auf. Es ist nur so: wenn ich so handeln würde wie er, würde mir das selbst zeigen, dass die Dinge mir unwichtig sind. Das übertrage ich natürlich automatisch auf sein Handeln und das verletzt mich dann... wobei ich weiß, dass das nur eine Annahme ist.
Nichtsdestotrotz ist es so, dass ich mich eigentlich permanent "runterdrossele", weil ich ihn mit dem, was ich zu Geben habe, nicht überladen will. Manchmal traue ich mich schon gar nicht, ihn nach einem Treffen zu fragen, weil wir uns die letzten zwei Tage gesehen haben (das ist schon etwas... absurd). Wir haben ein unterschiedliches Nähe-Distanz-Bedürfnis und ich weiß, dass ich sehr viel Nähe brauche und in Beziehung sehr viel gebe. Ich fordere es umgekehrt nicht ein, aber es ist einfach etwas schwierig, wenn man da nicht ganz auf der gleichen Welle schwimmt. In einer psychologischen Beratung (in der ich einige Male wegen der Scheidung meiner Eltern war) wurde mir gesagt, ich habe ein überdurchschnittliches Fürsorgegefühl und Einfühlungsvermögen. Aber ich will doch nicht die bemutternde Freundin sein, die ihren Mann mit Liebe geradezu überschüttet!? :shock:
...und nun die Frage, für die ich mich ziemlich schlecht fühle, sie überhaupt zu denken... ist das einfach so? Muss das Nähe-Distanz-Bedürfnis überhaupt in einer Beziehung übereinstimmen? Oder der Grad des Sich-Einbringen-Wollens/Könnens? Ist das überhaupt möglich? Muss man, wenn der Rest stimmt, einfach damit klarkommen, hier und da ein bisschen Schmerz zu empfinden, weil man den anderen sehen möchte, der andere einen aber nicht? Weil eine Beziehung eben kein Egotrip ist sondern ein Finden der Balance, und dabei jeder mal nach vorn, mal zurück muss? ...oder sind diese Situationen Zeichen dafür, dass es für ihn eben nicht DIE Liebe ist, die es für mich ist, und dass es eben nicht so gut passt? :???: Obwohl ich immer offen und ehrlich spreche, scheint mir das ein zu heikles, großes Thema zu sein, um es mal eben mit ihm zu besprechen... wer kann seine Liebe schon messen?
Geht es jemandem von euch ähnlich? Wie handhabt ihr das in euren Beziehungen? Ich bin gespannt auf eure Kommentare!