Hallo
da mein Leben im Moment etwas aus den Fugen gerät, versuche ich mir Tipps und Meinungen von anderen Menschen einzuholen. Nun ist es so, dass meine Freunde und meine Familie hier sehr pateiisch sind - daher hier der Versuch.
Mein Freund (31) und ich (29) sind nun seit ca. 1 1/2 Jahren ein Paar. Er kam vor zwei Jahren aus Dortmund nach Süddeutschland (in die Stadt, in welcher ich schon seit meiner Kindheit wohne) weil er hier beruflich eine vielversprechende Stelle fand. Dies war zufällig bei meinem Ex-Arbeitsgeber - so lernten wir uns auch über ehemalige Kollegen kennen. Mein Freund hat sehr teuer und aufwendig studiert, da für ihn die Karriere ein großer Baustein seines Glück ist. Es war für ihn nicht leicht (und ist es immer noch nicht), damals seine Familie (sein Vater ist bereits über die 70), seine Freunde und auch seine damalige Freundin (welche er dann für mich verlassen hat) zurück zu lassen - hat es jedoch trotz allem getan. Da ich nicht dabei war, kann ich nicht sagen, wie die Situation damals verlaufen ist.
Vor ca. 6 Monaten haben wir uns entschieden, hier in meiner Heimatstadt (in welcher er ja nun auch Zuhause war) ein Haus zu kaufen, welches wir nun bis zum heutigen Tag umgebaut haben, um uns ein gemeinsames Zuhause zu schaffen. Der Umbau war/ist eine harte Zeit, gerade für ein Paar, welches noch nicht so lange zusammen ist. Dennoch haben wir das gemeistert und es nimmt jetzt langsam gestalt an. Jeden Tag kommt hier noch eine Lampe und dort noch ein Bild hin usw. Besonders ich habe sehr viel Liebe in dieses Zuhause gesteckt.
So, da klingt ja jetzt alles ganz herrlich und das könnte es ja auch sein, wenn es hier nicht ein Problem gäbe, das dieses harmonische Leben zu zerstörren droht.
Schon vor ein paar Monaten, während dem Umbau, kam mein Freund immer depremierter von der Arbeit nach Hause. Er fühle sich unterfordert. Er hatte sich mehr von dieser Stelle erwartet, geplant, in eine Leitungsposition aufzusteigen, wie es im Vorstellungsgespräch damals auch vereinbart war. Noch dazu hat der Chef sehr kolerische Züge und hat fehlende Führungskompetenzen. Das Klagelied wurde von Abend zu Abend mehr, bis hin zu Tränen. Dies löste in mir auch das ein oder andere Déjà-vu aus, da ich ebenfalls sehr unter dieser Firma und diesem Chef gelitten hatte (so lange, bis ich sogar zum Psychologen musste). Somit hat mein Freund hier mein volle Verständnis. Ich riet ihm, hier ins Gespräch mit seinem Chef zu gehen (obwohl ich mir aus der Erfahrung fast sicher bin, dass es nichts bringt). Dies fand mein Freund "taktisch unklug", da es hier zur totalen Eskalation kommen könnte. Davor wollte er erst eine Alternative in der Hinterhand haben.
Nun ja, also blieb nur übrig, Bewerbungen raus zu schicken. Nun hat mein Freund eine Qualifikation und auch einen Anspruch, mit denen man nicht an jeder Ecke arbeiten kann. Dennoch hatten wir vereinbart, dass er sich vorerst nur in der Gegend (ca. 100km Umkreis) bewerben würde. Hier liegt die Problematik begraben, dass es zum Einem eigentlich kaum eine Stelle gibt, zum Anderen sein jetziger Chef natürlich Wind von der Sache bekommen könnte. Als er Bewerbungen schrieb, hatte ich mich hier nicht weiter eingemischt - wir hatten ja was vereinbart.
Nun waren dieses Wochenende seine Eltern da. Dies ist eh immer eine unheimlich angespannte Situation für mich, weil mein Freund für die Beiden der "kleine Prinz ist", sodass ich nur selten etwas richtig machen kann. Wir waren Freitag Mittag mit denen gerade Essen in einem Restaurant, als mein Freund (als würde er vom Wetter reden) offenbart, dass er in 2 Wochen ein Vorstellungsgespräch Nähe Dortmund hat. Mir ist schier das Essen im Hals stecken geblieben. Seine Eltern höchst erfreut (Klar - der kleine Prinz ist dann wieder daheim) und ich wie mit nem Hammer ins Gesicht geschlagen. Hab dann erst mal höflich das Weite gesucht.
Die ist jetzt 5 Tage her. Seitdem herrscht der Kalte Krieg. Wir können kaum noch eine Sekunde im gleichen Raum sein, ohne über die Thematik zu diskutieren, verbunden mit unendlich vielen Tränen, schlaflosen Nächten und totaler Verzweiflung.
Vielleicht werde ich jetzt etwas unstruktuiert, aber hierzu habe ich so viele Gedanken im Kopf:
1. Er sagt, ich soll mit - ich möchte nicht weg aus meiner Heimatsstadt. Dies klingt vielleicht erst mal stur, hat aber durchaus seine Hintergründe: Zum Einen habe ich ein sehr sehr enges Verhältnis zu meinen Eltern (es gibt kaum einen Tag, an dem ich nicht bei ihnen bin). Zum anderen habe ich einen Job, den ich eigentlich ganz gerne mache. Natürlich gibts hier auch schlechte Tage im Büro, aber an sich arbeite ich mit dem Thema, für das meine Leidenschaft brennt. Und nicht zu vergessen haben wir die letzten 6 Monate Tag und Nacht bis zur Erschöpfung uns ein Zuhause geschaffen. Wie gesagt - es hängen noch nicht mal die letzten Lampen. Ebenfalls ein zentraler Punkt ist der, dass ich mich nach meinem Abitur entschieden hatte, in meiner Heimatstadt zu bleiben, weil ich hier sehr verwurzelt bin, weil ich Angst vor der Fremde habe. Dies jetzt zu machen, würde mich selbst irgendwie verraten.
2. Er sagt, er pendelt und wir führen einen Fernbeziehung - ich weiß ich schaffe das nicht: Ich bin ein Mensch, der ein unheimlich inniges Verhältnis zu meinem Partner pflegt. Mein Partner ist nicht nur der, den ich liebe sondern auch mein bester Freund. Nun reden wir hier ja noch von 200 Kilometern, welche man mal schnell am Freitag runter fährt (das wäre ja durchaus vertretbar), sondern von einer Strecke von gut 700 Kilometern. Dies würde bedeuten, wenn es gut läuft, sieht man sich 2 Mal in Monat, wenn schlecht gar nicht. Hier kommen noch weitere Aspekte hinzu. Er ist dann wieder bei seinen Freunden, seiner Familie. Vielleicht male ich nun schon den Teufel an die Wand aber ich warte nur auf den Anruf:"Schatz - ich kann dieses Wochenende doch nicht kommen - meine Kumpels machen ne Grillparty"... - oder Ähnliches. Dann kommt dazu, dass ich das mit seiner letzten Beziehung live miterlebt habe. Die Dame hatte sich auch auf eine Fernbeziehung eingelassen, mit dem Resultat, dass er sich in mich verliebt hat und sie verlassen hat. Klar kann sowas immer passieren, aber man ist hier halt ein gebranntes Kind. Und wenn wir grad beim Thema Kind sind. Mein Wunsch war es immer, in den nächsten Jahren (2-3) Kinder zu bekommen. Hatte mir auch nicht vorgestellt, diese dann mal allein groß zu ziehen - wenn man überhaupt mal annimmt, dass er unter solchen Voraussetzungen Kinder will.
Dies sind jetzt die Beiden Entscheidungen die er mir zur Verfügung stellt und ich soll mich entscheiden. Frei nach dem Motto: Friss oder stirb. In mir herrscht ein unheimlicher Kampf in den letzten Tagen. Soll ich alles aufgeben (Familie, Job, Haus, Freunde, Heimat) um in einer fremden Stadt bei meinem Partner zu sein, der dann wahrscheinlich noch massig Überstunden schiebt, um seinen großen Traum im Beruf zu verwircklichen? Oder soll ich hier alleine sitzen bleiben, in dem Heim, welches wir seit Monaten aufgebaut haben und meinen Wunsch auf ein normales Familienleben begraben. Leiden wie ein Hund, weil mich die Sehensucht und die Ungewissheit auffressen wird, bis wir uns trennen, weil wir uns auseinander gelebt haben.
Und immer wieder stellt sich mir einfach die Frage: Ist ihm die Karriere so viel wichtiger wie ich und unsere Beziehung????