Hallo,
ich hoffe, dass jemand den langen Text liest. Ich weiss nicht wie ich es kürzer fassen soll. Das sind all meine Gedanken.
Ich bin 37 und mein Mann 40. Wir sind seit 2003 verheiratet und haben keine Kinder. Eigentlich habe ich gedacht, dass uns so schnell nichts ins Wanken bringen kann. Es ist selten, dass wir uns streiten. Bis vor Kurzem hat er noch Sachen gesagt wie Du weisst gar nicht wie sehr ich dich liebe oder nichts und niemand kann so schnell zwischen uns kommen. Soviel erstmal dazu, warum ich gerade aus allen Wolken falle.
Zum Hintergrund: Mein Mann war immer Stadtmensch. Wir hatten uns erstmal als Freunde kennengelernt und nach vielem Hin und Her schnell verlobt . Er ist zu mir aufs Umland gezogen. Wir haben ein Haus, dass meinen Eltern gehört. Meine Eltern wohnen nebenan in einem gleichen Haus. Über die Jahre haben wir es uns in dem Haus schick gemacht. Er wollte am liebsten gar nicht mehr raus und unter Leute. Als ich im Juli 2003 an der Gebärmutter (Krebs) operiert wurde und mir gesagt wurde, dass ich, wenn ich Kinder haben möchte, damit nicht warten sollte, da beim wiederholten Male die Gebärmutter raus müsste, haben wir die Pille weggelassen. Nach 2 Jahren versuchen sind wir in die Kinderwunschklinik gegangen und haben uns gegen einen Versuch entschieden.
Letztes Jahr (3 Jahre später) ist meine Freundin in die Kinderwunschklinik gegangen und ich hatte nochmal mit meinem Mann gesprochen, ob wir es nicht doch nochmal versuchen möchten. Dann wäre ich nicht alleine. Außerdem werde ich bald 40 und habe Angst davor, es zu bereuen, es nicht versucht zu haben. Er willigte ein. Meine Freundin war zum ersten Termin bereits schwanger. Wir haben dann gesagt, dass wir es trotzdem versuchen, max. 2 Versuche. Wir hatten einen negativ im Oktober 2008 und dann nochmal im Juli diesen Jahres. Mit Beginn der Wartezeit auf das Ergebnis (es war negativ) hat mein Mann sich plötzlich total verändert. Er ist Rad gefahren, hat sich leicht von mir abgewendet und fing an sich mit Kumpels zu treffen - er musste raus. Außerdem sagte er mir eine Woche vor dem Test, dass er am liebsten kein Kind haben möchte. Er hatte totale Panik.
Vorher sagte er auch schon, dass er gar nicht mehr weiss, ob er noch ein Kind wolle, aber ich habe es nicht richtig gehört. Die Therapie hatte eh schon angefangen.
In den nächsten 3 Wochen veränderte er sich immer mehr. Ich sprach ihn an, da er kälter wurde und es stellte sich raus, dass er seit den Versuchen immer mehr Panik bekommen hat, dass es klappt mit einem Kind. Besonders vor einem behinderten Kind. Und das Leben gehe mit Kind dann eh erst wieder weiter, wenn das Kind aus dem Haus ist. Besonders beim 2. Versuch schnürte es ihm die Kehle zu. So sehr, dass er es auch jetzt noch nicht abschütteln kann. Es war der absolute Horror für ihn.
In dem letzten Jahr merkte er, dass das "spießige" Leben auf dem Land mit Haus, Garten und Leben - wie die Eltern - nicht seins ist. Bewusst wurde es ihm erst während des Versuchs. Jetzt trifft er sich ständig mit Freunden im Biergarten oder fährt mit dem Fahrrad stellen von früher ab, oder powert sich einfach aus. Es war ihm zuviel Wir. Er muss jetzt erstmal was für sich machen.
Ansonsten ist er liebevoll zu mir. Nachts drückt er mich und nimmt mich im Schlaf in den Arm. Morgens zieht er mich nochmal ins Bett und drückt mich. Er weiss nur nicht mehr, ob es Gewohnheit ist oder die wahre Liebe.
Da wir zurzeit beide nicht wissen, wie wir uns im Alltag verhalten sollen und die Situation zu hause bedrückend für uns beide ist, hat er vorgeschlagen, dass er sich für einen begrenzten Zeitraum (1,2,3 Monate) ein Zimmer in der Stadt nimmt. Er weiss nicht, wie er sonst feststellen soll, ob es Liebe ist, wenn wir uns täglich sehen. Ich soll mir Gedanken wie ich das sehe (er möchte aber jeden Tag telefonieren und sich 1-2 Mal die Woche mit mir treffen). Er hat Angst, dass wir nebeneinander her leben und es dann keine Rettung mehr gibt. Die räumliche Trennung könnte eine Chance sein, sagt er. Damit wir wieder zueinanderfinden und wenn es klappt, wir nochmal ganz von vorne eventuell sogar in der Stadt - neu anfangen. Ich weiss nicht, ob diese Auszeit gut für uns ist. Andererseits weiss ich nicht, wie wir in einem Haus wieder zusammenkommen können. Seit den Gesprächen kann er auch nicht mehr mit mir Schlafen. Er ist im Kopf blockiert. Eine Andere gibt es nicht. Das Gefühl habe ich auch nicht.
Ich hoffe, dass mir jemand mit ähnlichen Erfahrungen weiterhelfen kann.
L.G. kleine2009