Hallo zusammen.
Ich stehe momentan vor dem noch ziemlich frisch auseinandergebrochenen Scherbenhaufen meiner Ehe. Ich sitze auf der Arbeit und habe das Glück, dass mein Büro schon im Weihnachtsurlaub ist. Ich hoffe meine Geschichte wird nicht allzu lang, und dass ich vielleicht jemanden finde, der ähnliches schon durchgemacht hat und mir sagen kann, worauf ich mich in den nächsten Wochen einstellen muss.
Also: Ich werde in 2 Wochen 29, bin seit 9 Jahren mit meiner Frau zusammen und seit 4 Jahren verheiratet. Wir haben einen Sohn, der im Februar 3 wird. Wir haben uns immer super verstanden, sind/waren die besten Freunde und konnten über alles reden. Allerdings reicht das wohl nicht für eine Beziehung...
Meine Frau ist schon länger unzufrieden mit sich und ihrem Leben, so ungefähr seit unser Sohn 1 Jahr alt war und sie wieder anfing, mehr als nur Mutter zu sein. Sie hat mir aber immer gesagt, dass ich nicht der Grund für ihre Unzufriedenheit bin. Erst war es unsere alte Wohnung (sehr weit ausserhalb der Stadt), dann der Job, dann die fehlende Selbstverwirklichung. Leider habe ich mich davon beruhigen lassen. Wir sind umgezogen, ich habe sie unterstützt, einen neuen Job zu finden und habe mich riesig gefreut, als sie ihren Mut zusammengenommen hat und jetzt in einem Laientheater mitspielt. Leider ist dadurch nichts besser geworden. Sie sagt, auch ihr ist erst vor ca 2 Wochen so richtig klar geworden, dass sie mich nicht mehr liebt und momentan gar keine Beziehung will. Seit dieser Zeit habe ich bemerkt, dass sie mir aus dem Weg geht. Davor haben wir wohl innerlich schon länger nebeneinander her gelebt. Ich bin gar nicht sicher, wie lange, denn wir hatten immer genug Gesprächsthemen: der Sommerurlaub (der sehr schön war), der Umzug, der neue Job, das Theater, sogar ein geplanes zweites Kind und ein eventueller Hauskauf (Gott sei Dank ist das nur eine Idee geblieben). Irgendwie habe ich verdrängt, dass dabei die Liebe und Zärtlichkeit komplett außen vor geblieben ist.
Soviel zur Vorgeschichte. Ich habe die unausgesprochenen Spannungen der letzten 2 Wochen nicht mehr ausgehalten und sie gefragt, ob es etwas gibt, dass sie mir so kurz vor Weihnachten nicht sagen will. Damit habe ich den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie wollte, unserem Sohn zuliebe, bis nach Weihnachten warten, sah aber auch direkt ein, dass die Katze nun sowieso aus dem Sack ist. Die oben erwähnten Dinge kamen zur Aussprache und die schlimmsten Befürchtungen, die ich vor diesem Gespräch hatte, wurden übertroffen. Das Wort Scheidung ist von ihrer Seite nicht gefallen, aber sie hat mir klar gemacht, dass sie keine gemeinsame Zukunft für uns sieht und auch einer Paartherapie oder ähnlichem keine Chancen einräumt. Sie sagt, das Problem läge allein bei ihr, und deshalb gäbe es nichts, was ich daran ändern könnte. Wahrscheinlich stimmt das zum jetztigen Zeitpunkt auch... Ich bin mir 100%ig sicher, dass sie momentan niemanden anderen im Auge hat (aber leider fast genauso sicher, dass sich das in ein Paar Wochen/Monaten ändern wird).
Die Nacht auf der Couch war irgendwie angenehm unbequem und sehr schlaflos. So wie's aussieht, werden wir direkt im neuen Jahr getrennte Wege gehen.
Jetzt zu dem wichtigsten Punkt. Am Anfang unseres Gespräches war ich natürlich tief verletzt und fing an zu weinen, habe mich dann aber wieder gefangen. Ich habe bis dahin bewusst versucht, alle Gedanken an unseren Sohn zu vermeiden. Als dann aber die Situation unserer Partnerschaft geklärt war und wir uns überlegt haben, wie es mit ihm weitergeht, bin ich zusammengebrochen und auch beim Schreiben dieser Sätze schießen mir zum ersten Mal die Tränen in die Augen. Ich kenne aus meinem Umfeld eigentlich nur negative Fälle: Streit um Zeiten, Geld, Gewohnheiten, usw. Die Leidtragenden sind natürlich immer die Kinder, aber auch den beiden Ex-Partnern macht das große Probleme - es lässt sich halt anscheinend nur nicht vermeiden, weil Lebensinhalt, Zeitaufteilung auch Ansichten nun mal unterschiedlich sind.
Wir waren in der Kindererziehung meistens genau auf einer Wellenlänge und sie hält mich für einen sehr guten Vater. Ich denke, das bin ich auch. Ich verbringe, wenn er nicht schläft oder ich auf der Arbeit bin, eigentlich jede freie Minute mit ihm - früher halt oft auch gemeinsam. Bisher ist er ein vöölig normal entwickeltes (und absolut wunderbares) Kind. Allerdings hat er die letzten Wochen angefangen, abends nicht mehr alleine einzuschlafen und Nägel zu kauen. Ich fürchte, er hat früher kapiert als ich, dass irgendetwas überhaupt nicht in Ordnung ist.
Ich fand es gestern noch ein bisschen früh, das Thema zu diskutieren, aber sie schlug für die Zukunft eine 4-3 Tage Regelung vor. Im Moment haben wir noch die gemeinsame Wohnung, und wir werden auch dort wohnen bleiben, bis wir beide etwas neues haben, damit unser Sohn nicht das Gefühl bekommt, einer von beiden würde ihn verlassen.
Ich find es extrem verletzend, dass sie unserer Beziehung und unserer Famielie nach all dieser Zeit keine Chance mehr gibt, aber sie sagt, dass das den Druck, den sie aufgebaut hat, nur noch verstärken würde. Sie weiß, dass ich mich in einer "Probezeit" für sie aufopfern würde, und das wolle sie nicht, weil es ja gar nicht an mir läge, sondern nur an Ihr. Wahrscheinlich hat sie damit aber sogar Recht, denn die einzige Chance, die ich mir ausmale, wie ich sie zurückbekommen kann, ist dass sie eine Weile auf ihren eigenen Beinen steht. Dabei würde es meiner Meinung nach helfen, den Kontakt soweit wie möglich einzuschränken, aber das kommt natürlich wegen des Kindes nicht in Frage.
Die Geschichte ist nun doch etwas länger geworden, aber ich möchte zum Schluss noch kurz folgende Dinge klarstellen: Ich will mich weiterhin mit ihr verstehen. Ich habe keinen Grund und auch nicht das Bedürfnis, sie zu hassen. Auch sie hat gestern viel geweint und es fällt ihr auch nicht leicht, unsere Familie aufzugeben, sie will nur halt um jeden Preis mich aufgeben. Ich glaube fest daran, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun wird, um unseren Sohn zu schonen. Und ich kenne sie gut genug, um zu wissen, dass sie die Dinge, die sie gesagt hat, ehrlich meint und dafür sorgen wird, dass er seine Eltern beide zu gleichen Teilen "behalten" kann. Aber ich weiß natürlich nicht, was die Zukunft bringt und wie sie sich vielleicht verändern wird...
Meine größte Hoffnung ist, dass mir in den nächsten Tagen klar wird, dass auch bei mir eigentlich keine Liebe zu ihr mehr da ist. Ich bin im Moment zu verletzt, um das zu beurteilen, aber zumindest emotional nimmt mich der Gedanke an die Zukunft unseres Kindes 10x mehr mit als der an meine eigene Zukunft.
Findet sich hier drin vielleicht irgendwer wieder? Ich würde mich sehr dafür interessieren, wie die Geschichte bei euch ausgegangen ist, bzw. wo ihr gerade steht. Gerade für Situationen, in denen zum Zeitpunkt der Trennung wie bei mir kein Streit, keine Affäre, keine Anschuldigungen im Raum standen, würde ich mich interessieren. Ist es unter solchen Umständen wahrscheinlicher, sich im Guten zu trennen, oder treten die wahren Probleme sowieso erst später auf?
Vielen, vielen Dank, falls ihr das wirklich zu Ende gelesen habt!