davida_12562363Hallo
Du hast zwar an Wachsperle geschrieben, aber ich erlaube mir, dir auch nochmal zu schreiben.
Ich hatte eine lange Diskussion mit Wachsperle "das können nicht Betroffene gar nicht nachvollziehen". Ich hab es wirklich genauso gesehen wie du, dass man sich nicht in die Situation einfühlen kann, wenn man sie nicht selbst erlebt. Allerdings bin ich weiter gegangen als du, ich habe nämlich daraus geschlossen, dass man auch keinen Rat erteilen kann, wenn man nicht betroffen ist. Und das stimmt nicht, das habe ich eingesehen.
Mir ging und geht es teilweise immer noch wie den meisten hier: ich möchte mich VERSTANDEN fühlen. Das heisst, mich mit jemandem austauschen, der das gleiche erlebt wie ich. Weil geteiltes Leid eben halbes Leid ist. Ich glaube, dieser Satz trifft es ziemlich genau. Wir schreiben hier, weil wir uns unglücklich fühlen, mal mehr, mal weniger, aber jedenfalls nicht wirklich zufrieden. Und wenn wir dann hören, anderen geht es ebenso, dann fühlen wir uns besser, dann sind wir nicht mehr so allein mit unserem Kummer und unseren Zweifeln.
Und die Leute, die uns hier einen Rat geben und "niedermachen" (so hab ich es oft empfunden), wollen uns eigentlich nur klarmachen, was wir ziemlich erfolgreich verdrängen: dass wir nicht wirklich glücklich sind.
Und weißt du, was das Schlimme ist: Wir können erst dann zugeben, dass sie recht haben, wenn wir nicht mehr selbst in der Situation drinstecken. Wenn irgendein Umstand oder aber wir selbst uns aus der Dreiecks-Geschichte befreit haben. Wenn wir wieder klar im Kopf sind und den Trennungsschmerz (vom Geliebten) verarbeitet haben, den wir glaubten, niemals ertragen zu können.
Du hattest mich zu Anfang gefragt, ob ich mich meinem Mann wieder 100 %ig öffnen könne. Meinst du damit, dass ich ihm meine Affäre gestanden habe? Das habe ich nicht getan und werde es auch nicht tun. Wenn er es irgendwann erfahren sollte, werde ich dazu stehen, aber es nicht meinerseits ansprechen. Ich bin sogar so weit gegangen, dass ich, um die Affäre, die ich geliebt habe, beenden zu können, eine zweite angefangen habe (Pech und Schwefel über mich - ich sehe förmlich die entsetzten Gesichter hier im Forum!). Die hat mich abgelenkt und mir ermöglicht, meine "geliebte" Affäre zu vergessen. Ich bin halt ein wirklich schwacher Mensch, aber jetzt ist beides beendet. Eine gewisse Leere ist da, aber die tut nicht weh.
Jetzt bin ich wieder treu und habe das Gefühl, es "geschafft" zu haben. Hoffentlich für immer. Vielleicht habe ich ein wenig Milde verdient, weil meine Ausgangssituation besonders war. Ich wurde nach 23 Jahren glücklicher Ehe (in meinen Augen UND in den meines Mannes) mit meinem Once-in-a-lifetime-Ehemann, in der ich ohne die geringste Anstrengung immer absolut treu war, von ihm betrogen. Er hatte 3 1/2 Jahre lang eine Affäre, bevor ich es rausbekommen habe. Daraufhin habe ich wie aus einem inneren Zwang heraus dann meinerseits meine Affäre begonnen. Und meinen Mann in dem Glauben gelassen, alles sei wieder gut und wir fangen neu an. Wir fühlten uns auch beide so; wir kamen uns wieder viel näher und sind es bis heute geblieben. Trotz seiner und meiner Affäre empfinde ich meine Ehe heute als viel inniger als vor den ganzen Betrügereien.
Was deinen "Rucksack voller Probleme" angeht, verstehe ich dich auch sehr gut. Den habe ich auch. Häufig Existenzsorgen, die unglaublich viel Kraft kosten. Das ist wohl auch ein Punkt, wo man sich einfach mal nach ein paar sorgenfreien Stunden sehnt. Die der Ehepartner, den man liebt, einem nicht geben kann, weil er untrennbar mit den Existenzsorgen verknüpft ist. Es gibt so viele Facetten und so viele Gründe, aus dem Alltag zu flüchten.
Eins weiß ich jedoch: Wenn man sich wirklich hinterfragt und eingesteht, dass einen die Dreiecksgeschichte nicht glücklich macht, kann man es schaffen. Und stolz auf sich sein.
Ich wünsch dir viel Kraft und alles Gute!