Meine Engel...
nun will ich euch nicht länger auf die Folter spannen und euch von meiner ersten Therapiestunde berichten. Sicher seid ihr schon alle sehr gespannt. Ich muss jedoch vorweg noch eines erklären. Kurz bevor mein Mann in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen wurde, war er noch zu einigen Therapiegesprächen bei einem ortsansässigen Psychologen, dem ich ihm empfohlen habe...Und genau bei diesem Psychologen habe ich gestern meine Therapie begonnen. Nach der ersten Stunde nur heulen hab ich dann auch irgendwie ein wenig über das was mir passiert ist, erzählen können. All die schönen Dinge der Anfangszeit, nach denen ich mich angeblich (erklär ich später) noch immer so sehne, aber auch die Dinge die hässlich waren; die ständigen Drohungen, Kontrollen, Beleidigungen, Beschimpfungen, Aggressions- und Gewaltausbrüche und so weiter, ihr kennt das Erscheinungsbild ja alle nur zu gut. Der Therapeut hat sich das alles angehört und nur an manchen Stellen sehr feinfühlig nachgehakt, nach momentanen Gefühlen und Empfindungen gefragt. Ich habe, glaube ich, 1 Stunden nur geredet natürlich immer mit verschiedenen Heulattacken untersetzt, aber das hab ich auch gebraucht. Irgendwie hat es gut getan das Gefühl zu haben verstanden zu werden. Und der Therapeut hat mir viel gegeben. So hat er z. B. gesagt, dass er das Gewaltpotenzial, was in meinem Mann für Außenstehende schlummert, gleich nach den ersten Stunden erkannt hat. Er sagte, er hätte mich nur dafür benutzt, um sich mit einem Püppchen wie mir zu schmücken und nach außen hin immer diese Aggression zu präsentieren, frei nach dem Motto: Diese Frau gehört mir, schaut oder fasst sie nur an, und ihr bekommt eins in die Fr....Er hat mir natürlich nichts von dem gesagt was in den Gesprächen zwischen ihm und meinem Mann gelaufen ist, dass darf er ja gar nicht, aber er hat mir immer wieder bestätigt, dass es NICHT meine Schuld ist, dass ich nicht mehr tun hätte können um ihn zu halten. Er ist ein Therapeut, der sich seit 13 Jahren überwiegend mit narzisstischer und borderline Persönlichkeitsstörung beschäftigt. Er hat sehr viel Erfahrung auf dem Gebiet und sagte, dass auch er am Anfang seiner Therapeutenkarriere noch sehr optimistisch war, was die Heilung solcher Menschen anbelangt. Doch er musste im Laufe der Zeit erkennen, dass diesen Menschen nicht zu helfen ist. Er sagte, im aller-aller-aller-günstigen Falle (und nach seiner Meinung zählt mein Mann nicht zu denen, die eine gute Prognose mitbringen, weil er sich permanent gegen die Therapie und die Therapeuten sträubt und auch diese bereits entwertet und als seine Feinde ansieht) wird es so sein, dass mein Mann etwas, aber nur etwas sozialer eingestellt sein wird, aber er wird NIE eine vernünftige, erwachsene, vertrauensvolle, offene und schöne Beziehung führen können. Das mag fies für euch klingen, aber irgendwie beruhigt mich das. Es lässt mich ein ganz kleines Stück von den Selbstvorwürfen und Selbstzweifeln ablegen, die da immer lauten, ich habe nicht genug gegeben und hätte nur durchhalten müssen. Klar ist der Mann krank, aber der Therapeut hat mir auch immer wieder vor Augen gehalten, dass ich mich nicht dazu benutzen lassen muss, ihn zu heilen. Er sagte, für mich wäre es wichtig, mich selbst zu heilen und loszukommen von dieser Co-Abhängigkeit. In Bezug auf das Kind hat er mir natürlich keinen Weg weisen können, das ist ja auch nicht seine Aufgabe. Aber er hat mir eine Menge Denkaufgaben gegeben, die ich für mich bearbeiten muss, um so zu einer Entscheidung zu kommen. Einige Fragen waren zum Beispiel: Werden Sie das Kind dieses Mannes wirklich so bedingungslos lieben können, wie es sein sollte? Wollen Sie das Kind wirklich oder nur um ihm irgendwie weh zu tun, weil er sich ja immer schon ein Kind wünschte (...er hat recht, irgendwie) Das sind nur einige Denkaufgaben...Nach diesem Therapiemarathon (3 Stunden) war ich zwar immer noch der Meinung dass ich diesen Mann nach wie vor liebe, doch der Therapeut beschrieb es so: Zitat: Bei all dem, was sie mir bisher erzählt haben und bei all den Dingen die wir miteinander besprochen haben, habe ich vieles gespürt: Mitleid, Sorge, Angst, Verzweiflung aber KEINE Liebe - Das hat mir sehr zu denken gegeben.
Ich bin nach der Sitzung gleich zu einer Freundin gefahren, weil ich einfach mit jemandem reden musste sie hört mir immer zu und versteht mich (sie ist übrigens die Ex-Frau von meinem Typen und damit eine Seelenverwandte, leider haben wir uns erst in der schweren Zeit gefunden sonst wäre mir sicher vieles erspart geblieben..)
Heute geht es mir etwas besser keine Höhenflüge aber ein kleines Stück blauer Himmel zwischen all den schwarzen Wolken....
Ich hoffe, meine Engel bleiben bei mir...
Jeanny