Hallo zusammen,
seit circa einer Woche hat mein Lebensgefährte, mit dem ich zusammen mit unserer gemeinsamen Tochter (7) seit 10 Jahren zusammen bin, eine Geliebte. Es ist nunmehr das zweite Mal.
Wir leben derzeit in einer akuten, sehr belastenden Krisensituation, deren Anfänge bis in den Sommer vergangenen Jahres zurückreichen. Damals brach aufgrund diverser Auslöser bei meinem Partner eine tiefe Sinn- und Lebenskrise aus, in der er sein gesamtes Leben einschließlich unsere Partnerschaft in Frage stellte. Irgendetwas schien ihm im Leben zu fehlen, was er nicht durch mich kompensieren konnte.
Wenige Monate später fiel er in eine schwere Depression, die auch medikamentlös und im Rahmen einer Psychotherapie behandelt wurde. In dieser für uns alle sehr schweren Zeit stand ich ihm bedingungslos zur Seite, schenke ihm meine ganze Liebe und versuchte alles Menschmögliche, um ihn wieder aus seinem tiefen Loch herauszuholen.
Leider entdeckte ich in dieser Zeit durch einen Zufall, dass er über meihrere Monate hinweg eine Affäre mit einer anderen Frau hatte und in einer anderen Stadt ein Parallelleben neben unserer Beziehung laufen hatte. Dass die Beziehung zu dieser Frau, die er wohl auch als Sprungbrett in ein "anderes Leben" gebrauchte, nicht klappte, verstärkte seine Depression noch mehr. Es zeigte ihm gleichzeitig, dass irgendetwas bei uns ja nicht stimmen könne, denn sonst hätte er diese Affäre nicht begonnen udn sich nicht verliebt.
Trotz alledem begegnete ich ihm weiterhin mit vollem Verständnis und Mitgefühl, da ich sah wie er litt und unsere zahlreichen Gespräche zum Vorschein gerbacht hatten, dass die Gründe für mein Ausbrechen nicht in unserer Beziehung liegen, die nach beidseitigem Einschätzen keine nennenswerten Defizite aufweist und in der wir lange Zeit auch beide glücklich waren, sondern vielmehr in ihm selbst liegen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Er glaubt, dass ihm in seiner persönlichen Entwicklung ein wichtiger Schritt fehlt, den er vor unserer Beziehung nicht gelebt hat und jetzt unbedingt "nachholen" muss. Dieser Schritt ist "Alleinsein", "auf eigenen Füßen stehen", seine "Austobphase" nachholen - im Alter von 34 Jahren. Man muss dazu sagen, dass ich seine erste Beziehung bin und er auch nie eine eigene Wohnung hatte. Aufgrund dieses Nachholbedarfs sah er dann in einer Trennung zu mir die einzige Möglichkeit, sich selbst wieder zu finden.
Ab Mitte November vollzog sich dann eine "Trennung" innerhalb unseres Hauses, wo mein Partner sich ein eigenes Zimmer einrichtete und abends dortin zurückzog, um sich zu sortieren und wiederzufinden. Unsere anderen Aktivitäten im Rahmen der Familie liefen weiter - insgesamt stellte sich wieder im Januar ein gewisses Gleichgewicht her (die Depressionen wurden immer schwächer), von dem ich glaubte, es könnte eine gute Basis darstellen, sich gemeinsam zu sortieren und zu schauen, wohin das Ganze steuern würde. Ich war bereit, dazu viel Geduld aufzubringen, arbeitete daran, mein verloren gegangenes Vertrauen wiederaufzubauen und akzeptierte seinen Rückzug, der ihm in diesem Moment guttat.
Doch kaum hatte sich die situation wieder ein wenig stabilisiert, trat erneut eine Geliebte in "unser" Leben. Ich sage bewusst "unser" Leben, denn mein Lebensgefährte führt nun regelmäßige nächtliche Dauertelefonate mit ihr, baut also derzeit ein beziehungsähnliches Verhältnis auf - und das vor meinen Augen und Ohren. Das Ganze fühlt sich für mich wie eine Mischung aus schallender Ohrfeige und Stich ins Herz an. bin zutiefst enttäuscht, vor allem über die Tatsache, unserer wirklich bislang sehr schönen und harmonischen Beziehung nicht einmal eine klitzekleine Chance gegeben zu haben und unseren Traum vom gemeinsamen Altwerden im eigenen Haus (vor genau einem Jahr bekamen wir werst die Schlüssel) und einem gemeinsamen Nest für unser Kind nun so mit Füßen zu treten. Das, was uns noch vor kurzen heilig und unantastbar war, was uns beide mit Glück erfüllt hatte, unsere gemeinsame Vision - sie liegt jetzt wie Dreck am Boden und wird mit Füßen getreten.
Meiner Bitte, die Telefonate mit der anderen wenigstens nicht in unserem Haus zu führen, kommt er nicht nach. Er möchte sich nicht vor die Haustüre stellen oder sonst irgendwohin, er hätzte das gleich Recht wie ich, im Haus mit "Freunden" zu telefonieren. Zugegeben: das Haus gehört und beiden und ist - da wir es erst kürzlich erworben haben - auch nicht ohne Verlust verkaufbar und somit nicht möglich. Die Möglichkeit, dass er sich ein Zimmer nimmt, ist ebenfalls finanziell nicht gegeben. Außerdem möchten wir beide weiterhin für unser Kind das gemeinsame Heim erhalten und weiterhin als Familie zusammensein. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob er so etwas wirklich von mir verlangen kann - es grenzt tatsächlich an Masochismus und ich habe Angst, dass wir in dieser Situation den gegenseitigen Respekt voreinander verlieren und uns für später alle positiven Optionen - wie Neuanfang oder wenigstens einmalige Freundschaft - verbauen. Mein Partner fordert "Kompromissbereitschaft" von mir, aber wie weit soll ich gehen - bis zur Selbstaufgabe, bis ich schließlich ganz krank werde und nicht mehr kann?
Merkwürdigerweise (und ich glaube, dass spricht auch für die solide Basis unserer Beziehung) ist uns die Kommunikationsfähigkeit und ein noch immer liebevoller, verständnisvoller Umgang miteinander nie abhanden gekommen. Gerade das macht es so schwer - so sehen, wie viel Reichtum wir hatten/haben und er nun die Perlen vor sie Säue schmeißt.
Es würde mich sehr interessieren, welche Meinung Ihr aus sozusagen "neutraler" Sicht zu diesem Thema habt!
Anouschka