Da ich gerade im Internet bisschen nach Liebeskummer-Seiten suchte, bin ich hier auf dieses Forum gestoßen. Ich vermute, dass Liebe wohl der größte Antrieb für viele Menschen ist bzw. sein sollte. Ich habe gerade auf Wikipedia nachgelesen, dass sogar ganze Operetten durch unerfüllte Liebessehnsüchte entstanden sind und dass wir Menschen einfach diesen Schmerz erleben müssen, damit wir wirklich Mensch werden können.
In meinem Leben hat Liebe mich zu mir selbst finden lassen. Und so wie man vermuten kann, war das ganz sicher nicht schön. Es war sogar ziemlich traurig... für mich und für alle, die so meinen Liebeskummer mitbekommen hatten. Obwohl meine erste Liebe schon lange her ist, wollte ich diese Geschichte jetzt doch mal im Internet verewigen, und da ist gofeminin vielleicht dann doch der Richtige Ort. Nicht unbedingt, weil alle Leser/Innen die Taschentücher zücken, sondern weil ich kompetente, vllt. sogar mehrere Kommentare und somit außenstehende Resonanzen bekommen kann. Mich würd's sehr freuen, weil ich eventuell dieses Gefühl und den Schmerz durch diese Zeilen von mir nehme, obwohl es dafür wahrscheinlich schon Jahre zu spät ist.
Lange Vorrede... Jetzt sind alle neugierig, also muss jetzt auch was superbewegendes kommen:
Ich war damals auf einem musischen Gymnasium in München. Diese Schule hatte es so an sich, dass dort direkt vor den Sommerferien große Konzerte gegeben wurden. Man kennt das ja wahrscheinlich, man fährt paarmal proben, trinkt bisschen am Abend und letztlich sind dann alle total aufgeregt, wenn die ganzen stolzen Eltern in der Turnhalle sitzen und ihre Sprösslinge irgendwelche kunstvollen Dinge machen.
Ich zu meinem Teil war Schlagzeuger in einer Big Band, die Jazzstandarts gespielt hatte. Das besondere war, dass ich an den 2 Konzertabenden so sehr mit meiner musikalischen "Leistung" zufrieden war, dass ich das erste Mal so richtig merkte, wie toll man Menschen mit Musik beeinflussen kann. Ich konnte den Applaus ins innerste aufnehmen, fühlte mich auf einer tiefsten Ebene bestätigt und war ultraglücklich. Es gab also keine besseren Vorzeichen, um gleich an die Falsche zu geraten. Gleich nach den Sommerferien kam zu uns in die Klasse eine neue Schülerin. Ihre Familie ist ungarischer und britischer Abstammung gewesen und sah dementsprechend attraktiv aus. Aber alleine aus diesem Grund war mir sofort klar, dass ich sie niemals erreichen werden würde. Ich hatte damals meine Ausstrahlung unterschätzt und war eher mit besten Freunden bzw. idiotischen Computerspielen beschäftigt. Es gab bei uns in der Klasse natürlich so etwas wie die "Coolen" (es klingt bescheuert und vielleicht habe auch nur ich das so gesehen) und so etwas wie die Außenseiter. Von daher hatte es mich total überrascht, dass sie sich intuitiv (Frauen wissen anscheinend, wie sie Männer richtig einschätzen können) zu zwei Mitschülern setzte, die in der Klasse nicht so integriert waren. Dass Sie viel Aufmerksamkeit bekommt, war für sie anscheinend nichts Neues. Aber dass sie bei denen saß, hatte mich damals sehr gewundert.
Ihr ist aber nicht entgangen, wie sie auf die Jungs wirkt und im Nachhinein wurde mir klar, dass Sie in Sachen Beziehung eiskalt war.
Man muss ergänzend dazu noch sagen, dass ich selbst lange Zeit in andere Klassenkameradinnen IMMER unglücklich verliebt gewesen war und KEINE Bonze bin. Um die Wahrheit zu sagen, ich bin ein Scheidungskind und wurde sehr sehr liebevoll (zu liebevoll, denke ich manchmal) von einer alleinerzeihenden Mutter erzogen. Das ist deswegen wichtig, weil ich gleich am zweiten Tag im Chemie-Unterricht sie mit großen Augen angeschaut hatte. Total grenzenlos... so als ob ich meine Gefühle mit jedem Blick verraten würde (in Pokern bin ich bis heute nicht gut). Sie hatte mich da angelächelt und mein Tag war sofort tausendmal besser gelaufen. Es war nicht schwer für sie nachzuvollziehen, dass ich irgendwas für sie empfand. Auch an diesem Tag entstand unser erstes "Gespräch". Sie war die Schultreppen runtergegangen und ich habe sie gefragt wie sie heißt. Ihr Name war Emily. Wichtig noch ist zu erwähnen, dass ich zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht dachte, dass ich JEMALS eine Chance bei ihr hätte, was ich auch letztlich nicht hatte. Dann kam der erste wirklich nähere Kontakt. Das war, glaube ich, zwei Tage später. Wir saßen vor der Schule an der Isar auf einer Bank. Ich habe ein wenig mit ihr geredet und war, milde ausgedrückt, überrascht. Ich empfand sie wirklich als eine sehr reflektierte Persönlichkeit. In allem was sie sagte, konnte ich mich selbst erkennen. Die Gedankengänge, die Fragen, die sie sich stellte. Wie sie über Dinge nachdachte. So was hatte ich noch nie erlebt. Und das war vom Gefühl so mächtig, dass ich wirklich das erste Mal verstanden habe, was Liebe bedeutet.
Manche würden jetzt argumentieren, dass das nichts mit Liebe zu tun hat. Ich würde sagen mit 18 Jahren so eine Situation zu haben und von einer Person so hin und weg zu sein, das darf man schon als sehr intensive Erfahrung deuten. Im Nachhinein würde ich aber auch verliebt, bzw. vernarrt sagen, weil Liebe auf die Seele schaut, so wie ich denke. Aber auf einer Ebene tat ich das auch bei ihr, auch wenn ich natürlich niemals so absolut in sie hineinschauen konnte.
Ich war wirklich hin und weg.... unfassbar, diese Frau.... eine Person, die so ähnlich wie ich dachte (dachte ich jedenfalls...) eine, die wunderhübsch ist und mich so unfassbar interessiert und auch noch mit mir alleine spazieren geht. Eine, der ich mich so nahe fühlte, wenn ich mit ihr redete und ihr so tief in die Augen schauen konnte. Es war unfassbar schön (wenn ich so daran zurückdenke, kommt bei mir Melancholie auf). Wir trafen uns in der Schule und waren die nächsten Tage sehr oft spazieren.
Bei all diesen Gesprächen, habe ich sie gefragt, was sie so macht, wo sie lebt, was für eine Familie sie hat. Sie hielt sich da bedeckt und meinte nur, dass sie öfters auf ihre Neffen und Nichten aufpassen würde, da sie ältere Geschwister habe, die schon selbst Kinder haben. Ich fand das sehr sympathisch und wollte sie besuchen kommen. Das ging aber nicht, weil... weil halt. Sie meinte nur, dass sie in Neuperlach (damals ein sozial schwieriges Viertel in München) leben würde, und ihr Vater 80 Jahre alt sei und sie mit 71 Jahren gezeugt hätte. Soweit hatte ich da auch nichts Schlimmes geahnt, fands aber erstaunlich, dass sie deFacto zu der Generation meiner Eltern gehörte und nicht zu meiner. Es machte mich eigentlich nur neugieriger. Ich merkte aber an ihr, dass ihr das gar nicht so wichtig war, mich zu treffen. Sie fand mich halt süß und nahm mich aber als "Mann" nicht so ernst, sondern verbrachte halt gerne Zeit mit mir und war froh, dass sie reden konnte. Es gab auch eine Situation an der Isar, an die ich mich noch sehr gut erinnern kann. Wir saßen wieder auf einer Bank und die Isar floss sehr ruhig und gemächlich. Wir hatten paar Burger von McDonalds bei uns und sie schaute mich wieder mit so einem Lachen an. Ein Lachen, wie sie es gerne tat. Es wirkte etwas tollpatschig und unfassbar süß. Aber es war so als ob sie genau diesen Moment bewusst genießen wollte, um sich selbst in eine entspannte Stimmung zu bringen. Sie trug auch ein spezielles Parfum, das ich auch Jahre später noch gerne kaufen wollte, es aber nie fand. Ich habe wirklich lange danach gesucht...
So nach zwei Wochen hatte ich sie dann mal am Nachmittag angerufen, weil ich mit ihr auch abends was machen wollte. Leider hatte ich sie da nur gestört und sie sagte mir auch, dass sie abends nie Zeit hätte. Das Erste, das ich mir dachte war, sie sei eben beschäftigt oder irgendwas anderes wäre da immer. Aber Gott sei Dank konnte ich sie ja immer in der Schule sehen. Schon nach 2 Wochen kamen dann die ersten Probleme auf. So wie ich das erlebt habe, hat sie immer gerne was mit mir gemacht, aber hinter dem Rücken schlecht über mich geredet. Ich kann das heutzutage nur noch schwer deuten, weil ich aus meinem Empfinden heraus nur mit ihr Zeit verbringen wollte, aber das alleine sie schon genervt haben könnte. In dem Zusammenhang muss auch gesagt werden, dass sie trotzdem noch 2 Monate lang mit mir zu tun hatte und ich sie ganz sicher nicht dazu gezwungen habe. Gleich nach einer Englisch-Stunde sind wir dann im Herbstlaub spazieren gegangen und sie erzählte mir Stück für Stück, wie ihr Leben aussah. Sie fing damit an, dass das Leben im Diesseits nur eine Prüfung sei und das wahre Leben nach dem Tod käme. Außerdem muss sie aufpassen, dass sie in der Öffentlichkeit nicht von bestimmten Personen gesehen wird, weil sie sonst enormen Ärger bekäme. Sie arbeitet nämlich als Edelnutte, damit sie ihrem Vater eine Spenderleber auf dem Schwarzmarkt ermöglichen könne. Das sei auch der Grund, warum sie niemals abends Zeit hätte. Sie würde nur ihren Vater lieben und auch nur er entscheidet, wen sie mal heiraten wird. Sie sagte das mit so einer absoluten inneren Losgelöstheit, sodass ich vom Zuhören innerlich totale Angst bekam. Alles, aber auch wirklich alles, das sie sagte war vollkommen außerhalb meines Verstandes (Es war mir bis dahin nicht mal etwas annähernd Ähnliches passiert). Ich, braver Gymnasiast, vollkommen behütetes Weltbild, wenig vom Leben verstanden, muss mich ja gerade in eine vollkommen irre, verzweifelte, unfassbar attraktive Edelnutte, die sich auf unser Gymnasium verirrt hatte, verlieben. So denke ich jedenfalls heute. Damals habe ich ihr helfen wollen. Ich habe mir den vollen Text von ihr pressen lassen und habe dadurch eine seltsame, ungesunde Bindung zu ihr aufgebaut. Ich, selbstlos und aus Angst sie, und vor allem dieses unfassbar schöne Gefühl, wenn ich bei war, zu verlieren, ging noch sehr oft mit ihr spazieren und hörte mir an, wie schlimm es doch sei in München zu sein, dass sie regelmäßig an unserem Gymmi von Ihrem Zuhälter abgeholt werde und ich mich deswegen in bestimmten Momenten nicht in ihrer Nähe aufhalten durfte. Zu diesem Zeitpunkt war mein erster emotionaler Wunsch sie da rauszuholen. Sie mehr oder minder zu retten. Dann auf einmal, ca. nach 2 Monaten, kam sie dann zu mir und sagte vollkommen aus dem Nichts, dass sie mit mir eine Sektflasche kaufen würde und bei mir daheim mit mir schlafen wolle. Nun liebe Leserinnen, was soll ich schon sagen ich habe nicht nein gesagt. Aber aus meiner Perspektive wollte ich ihr endlich so intensiv wie möglich zeigen, wie sehr ich sie vom Tiefsten und Innersten liebe. Von meinem nachträglichen nüchternen Standpunkt aus, hätte ich wirklich vielmehr darauf achten sollen, was sie erzählt und wie einseitig die Kommunikation mit ihr gewesen war. Ich muss es ehrlich zugestehen: Ich war dumm und naiv. Aber es kam dann nicht total schlimm, wie etwa eine HIV-Infektion oder ähnliches, sondern einen Moment, an den ich mich körperlich noch sehr gut erinnern kann. Ich erzähle ganz sicher nichts explizites, weil auch nichts wirklich Explizites passiert war. Folgendes ist passiert: Wir standen im Zimmer und sie begann mich vollkommen kalt und emotionslos, sogar grob anzufassen und das Küssen war eher ein wahlloses herumgelecke im Gesicht. Und genau da habe ich ihr Gesicht sanft in meine Hände genommen, sie angeschaut und ihr wohl den liebevollsten Kuss den ich bis dahin jemals gegeben hatte, geschenkt. Ich habe sie danach wieder angeschaut und sie sagte mir da: Du liebst mich wirklich. Und ich antwortete: Du glaubst gar nicht wie sehr und küsste sie wieder mit einer Emotion, die mir selber Gänsehaut machte. Ihre Reaktion war aber ganz anders als ich dachte, aber im Nachhinein vollkommen zu ihrer Verfassung passte. Sie ist in sich zusammengebrochen und hat angefangen auf dem Bett zu weinen. Ich nahm sie in den Arm, aber nur ca. 5 Sekunden später sprang sie wieder auf und verschwand sofort aus der Wohnung. In diesen Moment hatte ich es nicht verstanden, aber mit bisschen Nachdenken kam ich dann auch darauf, was wohl in ihr vorging. Ich hatte gehofft sie am selben oder nächsten Tag wieder zu sehen. Aber dann kam sie nicht mehr zur Schule und war sonst auch nicht mehr erreichbar. Dann, direkt nach den Weihnachtsferien, ca. ein Monat später, war sie nur ein einziges Mal mehr in der Schule und konnte mit ihr im Schulhof reden. Ich gab ihr eine CD von den Big Band Aufnahmen, die von den Sommerfesten gemacht wurden und das Buch Alice im Wunderland. Sie sagte mir folgendes: Du hast kein Auto, Du hast nichts, außer ein Abitur, Du kannst mir nichts bieten. Und wurde dann direkt wieder von irgendeinem Zuhälter in einem BMW abgeholt.
Nun, dass ich Liebeskummer hatte, ist hoffentlich plausibel. Ich habe noch versucht sie in Neuperlach Süd zu besuchen, was nicht ging. Das nächste halbe Jahr, war die Hölle für mich. Ich konnte nicht schlafen, habe eine extrem starke Grippe bekommen, sodass ich sogar aus der Nase blutete und war für nichts zu gebrauchen.
Was ich mir dann später gedacht hatte war, dass diese tiefe emotionale Bindung, die ich zu ihr spürte, ein Gefühl war, das man sich grundsätzlich im Leben wohl am meisten wünscht, aber vorsichtshalber anfangs einen respektvollen Abstand haben sollte, wenn eine Person es schafft so tief die eigene Seele zu berühren. Damals wusste ich das natürlich noch nicht. Mich erinnert das an ein Lied, das so Richtung Schlager geht. Ich meine damit, dass es in der Aussage sehr allgemein gehalten ist und wohl eine tiefe aber absurd triviale wirkende Aussage hat: The first love is the deepest von Sheryl Crow. Diese Lebenserfahrung, die ich da gesammelt hatte, war für mich ein ungewollter Einblick in eine Realität, die mich vollkommen aus der Bahn geworfen hat, das mein Frauenbild stark prägte und mich lange Zeit kostete wieder im Ansatz unbeschwert das Gefühl der Liebe zu einer Frau zuzulassen. Es ist schon blöd zu wissen, dass die erste Liebe eine ... war, aber am Schluss sollte man sich selbst besser kennen und die Welt da draußen in einem skeptischeren Licht sehen. Das tat ich auch. Außerdem habe ich auch heute noch Momente, in denen ich mir denke, dass ich auf eine sehr, sehr blöde Masche einer ... reingefallen bin und dann auch noch mit 18 meine erste Liebe im Zusammenhang mit dem Rotlichtmilieu erleben musste.
Das ist wohl meine Love-Story über meine erste Liebe.
Falls Ihr was dazu denkt, würde ich mich freuen von euch zu hören.
Liebe Grüße