vienne_12304065Ich glaube...
.... du hast mich da etwas missverstanden.
Ich sagte, dass die Lage mit dem Therapeuten nicht dieselbe ist, wie die, die ich erwähnt habe. Und ich sagte, dass der Patient sich schon selbst hilft, alleine schon durch den Entschluss eine Therapie zu beginnen.
Jede Therapie verläuft anders, weil sie immer etwas anderes zu beheben versucht oder in einen Rahmen zu lenken, der akzeptabel oder bestmöglich ist. Fakt ist, dass die Hilfe eines Therapeuten häufig unerlässlich ist und dass er/sie insoweit hilft, dass der Patient das alleine nicht geschafft hätte, schon allein, weil er keine Ahnung hat, was tun.
Manche Therapien sind aber tatsächlich pure Selbsthilfe, zB Maltherapie bei Burnout (ja, ich weiß, dass es umstritten ist, ob das jetzt eine Krankheit ist und wenn ja, inwieweit, mein Stiefvater war deshalb aber in Behandlung). Aber ganz anders schauts bei Sachen aus, die mit Minderwertigkeitskomplexen zu tun haben; Mein bester Freund ist deshalb in Behandlung und ihm wird u.a. ein besseres Selbstwertgefühl dadurch vermittelt, dass mit ihm über frühere Ereignisse, alles deswegen relevante usw. besprochen wird, indem der Therapeut ihn bestärkt und zuspricht; Er war auch schon auf Exkursionen mit anderen, zB in so einem Kletterwald, usw.
Und ja, ohne den Willen, sich helfen zu lassen, kann niemand geholfen werden. Das weiß ich und habe ich soweit ich mich entsinnen kann, auch schon gesagt. Aber den gesamten Weg selbst zu laufen halte ich für unmöglich. Man brauch immer fremde Hilfe bei solchen Sachen (wie Minderwertigkeitsproblemen usw,), sonst könnte man mit nem Erklärungsbuch über Therapievorgänge ja alles selbst machen oder sich Psychologiestudenten selber heilen/helfen (gibt auch laut Studien und eigener Erfahrung einige, die psychische Neurosen und Depressionen haben, die das studieren). Ist aber Quark, ganz allein geht das mit Sicherheit nicht.
Selbst helfen kann man sich in solchen Fällen allein dadurch, dass man bereit ist, sich helfen zu lassen und mitarbeitet. Selbstverständlich ist das schon harte Arbeit genug und ich behaupte nicht, dass der Herr Therapeut ein Wunderheiler mit Zauberstab ist - hab ich soweit ich weiß aber auch gar nicht.
Darum, dass der Patient nicht an sich arbeitet, gings mir nie. Das ist so selbstverständlich, dass er das tut, sonst kann er das ja auch wie von dir angedeutet gleich lassen.
Nö, also ich denke nicht, dass man von dem "sich selbst lieben" nen Rückschluss auf mein Selbstwertgefühl ziehen kann. Ich finde es nur übertrieben, das Liebe zu nennen, denn Liebe ist für mich romantisch; ich verzehre mich nicht nach mir selber, liege im Bett und denke sehnsüchtig an mich selbst, oder freue mich, wenn ich mich nach nem langen Arbeitstag selbst (im Spiegel) sehe und muss mich erstmal abknutschen und lande dann aus lauter Verzaubertheit mit mir selbst im Bett. Das sind für mich aber alles Merkmale von Liebe. Ich mag mich selbst, schätze meine Stärken, aber auch Schwächen, kann mir jeden Tag in den Spiegel gegenübertreten und aufatmen, zu sein wie ich bin. Das ist für mich aber keine Liebe, sondern Selbstwertgefühl. Wenn das für dich zu wenig ist, weiß ich auch nicht. :?:
Hmm, nee, also mit der Selbstlosigkeit hab ich eigentlich insoweit keine Probleme.
Meine persönliche Haltung zur Selbstlosigkeit ist einfach, den anderen vor sich selbst zu stellen, aber seine eigene Person und sich selbst als Charakter nicht zu verneinen und wenn man eine Handlung zum Wohle des Partners begeht, dann nicht aus irgendeiner Berechnung über persönliche Vorteile, sondern einfach ohne dass man sich SELBST in dem Zusammenhang zu (ge-)wichtig nimmt.
Und definiere meinen Selbstwert nicht über irgendwen anders sondern über mich selbst, über mein Handeln, meine Ideale, meine Talente, meine Überzeugungen, meine Gedanken und meine Absichten bei allem, was ich tue.
Mir ist mein Freund sehr wichtig und ich denke nicht an mich, wenn ich ihm helfe. Wieso sollte ich auch? Ich finde es in einer intakten Beziehung eine Selbstverständlichkeit zu geben und gegeben zu werden/bekommen. Wenn er was erledigen muss, es aber zeitlich nicht mehr schafft, dann übernehm ich dies, wenn es geht. Wenn einer von uns den anderen um etwas bittet, so tun wir dies, soweit es in unserer Möglichkeit steht. Wenn einer von uns gerne etwas täte, dann tun wir einander gerne den Gefallen und empfinden oft genug auch noch unerwartete Freude bei Dingen, die wir vorher vielleicht nie getan hätten (alltägliches einfach, nichts besonderes, zB ins Theater gehen, Fantasyfilme, Sportarten). Wir entwickeln uns beide weiter, ich sehe keinen Grund mich aufzugeben oder dass er es täte? Wir geben uns nicht wirklich auf, sondern stellen uns erst einmal zurück. Das klappt halt wahrscheinlich auch nur, wenn beide das tun und zwar aus einer überzeugten Geisteshaltung heraus, sonst führt das aber auf Dauer wohl zu nicht viel. Ich finde das aber ein viel schöneres Beziehungsmodell als das eher egoistischere/egozentrischere. Es ist viel schöner, wenn einem gegeben wird und nicht, wenn man nimmt. Und es ist auch viel schöner, wenn man gibt und nicht genommen wird. Wenn jeder an den anderen denkt, dann ist ebenfalls an jeden gedacht. Ähnlich wie beim Egoismus nur in größerer ethischer Schönheit. Ich bin nicht selbstlos (nach meiner Auffassung selbstlos), weil ich ein mickriges Selbstwertgefühl habe, sondern weil ich es ethisch verehre. Es ist eines meiner Ideale, von daher hab ich überhaupt kein Problem mich gut zu fühlen, so wie ich lebe und denke. Vielleicht ist das für manch einen zu verträumt oder kommunistisch bzw. kommunitarisch gedacht, aber mich erfüllt es mit Frieden und guten Gefühlen. Und solange mein Partner das aus selbigen Motiven macht und mir da sehr ähnlich ist, fast schon erschreckend ähnlich (Gott sei Dank wohl :-D ), hab ich überhaupt null Problem mit irgendwas.
Da sind wir dann wahrscheinlich doch verschieden, aber war ganz interessant, sich mit dir darüber unterhalten zu haben!
Lg Raela