Wie mans nimmt...
Hi ehegatte,
habe mit Interesse deinen Beitrag gelesen und finde, dass du sehr gut darstellst, wie es Männern mit dem Thema Schwangerschaft ergehen kann. Das ist schon nachvollziehbar und für kitty bestimmt hilfreich. Allerdings möchte ich noch zu einem Punkt was sagen, der ganz gern übersehen wird.
Es mag schon sein, dass Männer überfordert sind, wenn die Frau schwanger ist. Und das ist auch ihr gutes Recht. Nur, wie du schon schreibst - ein Mann hat das Kind nicht im Bauch. Richtig. Das heißt, er darf einfach so weglaufen, weil er sich überfordert fühlt? Eine Schwangerschaft als solche stellt mit dem Körper und der PSyche der Frau eine ganze Menge an - auch oder gerade sie muss mit viel mehr Belastungen fertig werden, als ein Mann oft nur ahnt. Seien es körperliche Veränderungen oder Beschwerden, oder seien es emotionale Achterbahnfahrtem durch das ganze Hormonwirrwarr. Nur, die Frau kann dann nicht einfach abhauen und sagen: Ach Gott, das wird mir jetzt alles zuviel, ich brauch mal Abstand. Was sie in dem Moment braucht, ist ihr Partner!
Das der natürlich auch mal gereizt oder ängstlich oder überfordert ist - natürlich! Kein Mensch verlangt Perfektion von einem werdenden Vater. Ich selber hatte zum Glück eine sehr leichte SChwangerschaft, aber gerade am Anfang war ich nach der ersten Euphorie auch durcheinander und hatte teilweise gar keine Lust auf das Baby. Nicht, weil ich es nicht schon geliebt hätte - das hab ich vom ersten Moment an - aber ich bekam auch Angst vor den Veränderungen, Angst davor, soviele liebgewonnene Freiheiten aufgeben zu müssen. Purer Egoismus, klar, aber so ist es nun mal, auch eine schwangere Frau empfindet das, nicht nur die Männer. Ich habe das meinem Mann dann immer erzählt und ihm gesagt, er soll auf jeden Fall immer mit mir reden, wenn es ihm grade nicht so gut geht. Wir sind da beide durchgegangen. Er wusste, er kann mir vertrauen und ich verstehe, wenn er mal mies gelaunt ist, und ich wusste das umgekehrt ebenso. DAS ist es, was einen da durch trägt. Und über all dem steht dann doch die grenzenlose Freude über das gemeinsame Kind. Wäre er aber einfach tagelang verschwunden - sorry, das kann ich mir gar nicht vorstellen - dann hätten wir beide viel größere Probleme gehabt.
Mein Mann hat einmal, als es mir ganz am Anfang der Schwangerschaft mal nicht so gut ging, was sehr Gutes zu mir gesagt. Als ich heulte, weil ich dachte, dass ich die ganzen Veränderungen nicht will und dass ich gar nicht verstehe, was da in mir vorgeht, schließlich ist es doch ein Wunschkind!, da sagte er: Weißt du, ich glaube, du bist nicht über deine Verwirrung so unglücklich, sondern darüber, dass du sie für falsch hältst. Du denkst, du müsstest dich uneingeschränkt freuen, und da du das zumindest zeitweise nicht kannst, hast du ein schlechtes Gewissen dem Kind gegenüber. Aber keine Angst, ich weiß, dass du es liebst, und das Kind spürt es auch. Alles andere geht vorbei.
Er war da, verstehst du, er hat mich aufgefangen. Und ich habe das umgekehrt auch getan. Wäre er einfach abgehauen - ich wär durchgedreht.
Es geht also gar nicht darum, dass ein Mann nicht "schwach" sein dürfte in Bezug auf die Schwangerschaft seiner Frau oder Freundin, sondern darum, dass er trotzdem gerade in dieser Zeit an ihre Seite gehört. Selbstverständlich sagt das nichts darüber aus, was für ein Vater er wird - mein Mann hatte auch seine Anpassungsschwierigkeiten, genau wie ich, und er ist ein toller Vater! Da gebe ich dir hundertpro recht. Natürlich kann und soll sich der werdende Vater auch mal ausklinken können, und Rat oder Unterstützung bei Freunden zu holen, ist eine tolle Sache. Aber tagelang verschwinden - was ist das für eine Aufregung, was für ein Kummer für die schwangere Frau und damit für das Ungeborene! Die sitzt zu Hause und heult und ist todunglücklich, weil der Partner meint, jetzt mal eben verschwunden zu sein! Die sitzt da mit ihrem Kind im Bauch und all den Unannehmlichkeiten, die das mit sich bringt, und muss mit dem ganzen emotionalen Chaos alleine fertig werden und auch noch ihr Kind schützen, denn weglaufen kann SIE nicht, und der Partner macht einen auf "Ich bin dann mal weg". Nee, also das geht gar nicht. Ich finde, das ist dann eben ein Stück Selbstaufgabe, für den Partner da sein ,auch wenn es schwer fällt. Das ist eben Partnerschaft - die ist nicht immer einfach und erfordert auch Opfer. Klar ist es für einen Mann ganz anders als für die Frau - auch da gebe ich dir recht. Sicher ist es für ihn schwerer, einen Zugang zu dem Kind zu finden. Aber die Verantwortung trägt er doch trotzdem genauso wie seine Frau.
Versteh mich nicht falsch - ich hab keine Ahnung, wie du das damals mit deiner Frau/PArtnerin geklärt hast, deshalb münze ich das jetzt nicht (nur) auf dich, sondern eher allgemein. Vielleicht hast du dich ja wenigstens "abgemeldet" und ihr gesagt, wo du bist und wie lange und warum. Aber bei Kitty sieht es ja doch ein bisschen anders aus. Was das Ungeborene jetzt schon an Stress durchmacht, weil der Mann seiner schwangeren Freundin nicht wie ein Partner beisteht - und von ihrem Stress und dem des anderen Kindes ganz zu schweigen!
Aus diesem Grunde denke ich eben, dass Kitty unbedingt von Familie oder Freunden menschliche Zuwenung braucht, da ihr Freund sie ihr nicht geben kann oder will. Und dafür habe ich bei allem Verständnis für die schwierige Situation eines werdenden Vaters kein Pardon.