Als meine Freundin damals (vor gut 10 Jahren) sich in einen fast doppelt so alten Mann verliebte, schüttelte ich den Kopf. Im Gegensatz zu ihr sah ich einen kleinen feinen Streifen am Ringfinger, der heller wirkte als der Rest der Hand. Ein Ehering? Mein Verdacht, den ich zunächst für mich behielt, bestätigte sich. Irgendwann sah ich den Typen, der wirklich alles andere als ein charmanter Schönling war, mit seiner Angetrauten und vor allem mit 3 kleinen Kindern durch die Stadt marschieren.
Ich habe, da bin ich ehrlich, meiner Freundin damals die Hölle heiß gemacht. Ich habe versucht zu begreifen, warum sie an einer Liebe hält, die eigentlich nicht sein soll. Ich hab versucht zu verstehen, warum sie für etwas kämpft, was ihr gar nicht gehört... wir haben gestritten! Die Freundschaft war hin und auch wenn sie es mir nie geglaubt hat, ich habe ihr so sehr gegönnt, dass sich der ganze Stress / Ärger / Mühen, die sie in diese Beziehung gesteckt hat, egal wie abartig ich das alles fand, irgendwann auszahlt. Leider, so wie ich es bereits erwartet hatte, entschied er sich damals für das, was er schon hat! Die Familie siegte, wobei man das wohl kaum noch als Sieg sehen darf...
Heute, Jahre später, bin ich in eine ähnliche Situation geschliddert. Meine Freundin hätte jetzt jedes Recht der Welt auch mir die Hölle heiß zu machen. Doch, sie ist nicht mehr für mich da.
Ich habe einen Mann kennen gelernt, keine 10 Jahre älter als ich es bin. Er sagte einem Treffen z.B. fürs Kino stände nichts im Wege. Tauschte mit mir die Handynummern und wir simsten eine Weile hin und her. Nach und nach wurde klar, der Typ ist kein Single. Er lebe in einer langjährigen Beziehung und die wäre irgendwie nicht mehr so der Bringer - irgendwann das Geständnis. Ja, er habe sogar überlegt sich von ihr zu trennen, aber man habe ja gemeinsame Verpflichtungen (das Haus etc.).
Ich bin jetzt zwei Jahre die Geliebte. Etwas, was ich bis dato nicht nachvollziehen konnte und wollte. Ich habe nicht viel übrig gehabt für die Frauen, die sich selbst bestrafen. Denn als eine Art Bestrafung sah ich es an, wenn man sich freiwillig als Nr. 2 irgendwo einsortiert. Zählt heute Treue denn gar nichts mehr?
Warum erzähl ich euch das? Ich erzähle das, weil keiner von uns rein von Begierde ist. Ich spreche nicht von der Begierde nach Sex, sondern viel mehr nach Zärtlichkeit, dem Gefühl etwas Besonderes zu sein - egal, ob das zeitlich limitiert ist. Ich möchte mit dieser Diskussion dazu anregen, dass man endlich aufhört immer auf den Geliebten herumzuhaken, so wie ich es in schon so einigen Beiträgen zu lesen bekam.
Geliebte sein - dazu wird man nicht geboren und ganz sicher ist das kein Fehler im Charakter. Man wird dazu gemacht und ich denke, so lange man damit klar kommt, ist das ok. Es gehören immer zwei dazu. Und der, der eine Frau / Mann zu seiner / seinem Geliebte(n) macht, ist finde ich eher die Person, die verachtet werden müßte. Warum? Weil diese Person nicht nicht nur einem wehtut, sondern mehreren zugleich.
Das Leben als Geliebte ist nicht langweilig - vielleicht macht das den Reiz aus. Das Leben als Geliebte ist aber auch nicht einfach - vielerorts gibt es kein Verständnis, keine Toleranz. Man muss flexibel sein und wird so manchem vor den Kopf stossen - dessen sollte man sich bewußt sein!