@marie
Hallo Marie,
während der Zeit in der mein Mann eine Beziehung zu seiner Kollegin unterhielt, hatten wir weiterhin ein völlig normales Sexualleben. Kein Standardprogramm, unsere Sexualität war immer phantasievoll, ausgelassen, erfüllend. Das hat es für mich nur noch schwerer gemacht zu verstehen, was er denn überhaupt vermisste. Wir hatten auch nach wie vor lange intensive Gespräche.
Beruflich war er zu der Zeit viel unterwegs und ich hatte das Gefühl, das er vor jedem unterwegs-sein euphorisch wurde. Ich habe ihn mehrmals gefragt, ob da eine andere Frau sei, was er immer verneinte.
Ich hatte ihn mal gebeten, falls er mit einer anderen schlafe, Kondome zu benutzen.
Das hat er nicht getan. Das finde ich nach wie vor ungeheuerlich, denn sie hatte zu beginn der Beziehung auch einen freund, mit dem Sie ebenfalls Sex hatte. Ich habe mich dann auch angesteckt mit einer üblen Blaseninfektion und das laste ich beiden an, denn da ich nicht wusste, dass ich betrogen werde, gab es keinen Grund für mich Kondome zu benutzen.
Mir schien unsere sexualität auf einmal so wertlos. Ich habe ihn gefragt, was er denn vermisse. Er sagte nichts und behauptete, der Sex mit der anderen sei nicht so toll. Daraufhin habe ich ihn gefragt, warum er dann mit ihr schlafe, was er mir nicht beantworten wollte oder konnte.
Ich habe so viele Fragen gestellt, um zu verstehen. Nach und nach hat er erklärt, dass es ihm gut tat, bewundert zu werden, da sie Kollegen waren, hat sie ihn viel nach beruflicher Unterstützung gebeten und er fühlte sich geschmeichelt, dass diese junge Fau so zu ihm aufsah.
Es war wohl auch der sexuelle Reiz fremder Haut.
Hätte ich mich noch wertloser gefühlt, wenn er in der Zeit mit ihr nicht mit mir geschlafen hätte? Ich weiß es nicht. Ich hatte das Gefühl gar nichts mehr richtig zu machen.
Es hatte angeblich nichts mit mir zu tun, er habe sich gefühlt wie ein Romanheld eines spannenden Buches.
Hätte er sie wirklich geliebt und sich von mir getrennt, ich hätte es besser verkraftet, da das ganze dann wenigstens Sinn gemacht hätte. Man kann nichts dafür, wenn man sich neu verliebt. Aber unsere Ehe, seinen Ring praktisch als Schutz zu benutzen, um zwar eine Affäre zu haben, aber keine neue Beziehung eingehen zu müssen, da er ja gebunden war, das war das Schlimme für mich.
Als ich mich mit ihr traf, hat sie mir erzählt, er würde mich lieben und sich nicht von mir trennen. Sie hatte aber vermutet, dass er mich wohl nicht wirklich lieben könne, wenn er sich mit ihr einließ.
Vielleicht ist gerade das der Irrtum? Dass man jemanden tatsächlich liebt und ihn doch betrügt?
Es gab ihr die Möglichkeit, sich immer von ihrer besten Seite zu zeigen, geduldig auf ihn zu warten. Während ich immer mit meinem bauchgefühl kämpfte und allein schon deswegen oft anstrengend war, Fragen stellte, unglücklich war. Es war ein ungleicher kampf, da ich gar nicht wusste, ob ich ihm Unrecht tat.
Er hat mir beim Leiden zugesehen, anstatt eine entscheidung zu treffen. Das tut weh.
Es hat ihn für mich so egoistisch gemacht.
Ich habe ihn gefragt, ob es denn nie einen Punkt gab, an dem er mal darüber nachdachte, was passieren würde, wenn es rauskäme. Er meinte, er sei da immer weiter reingerutscht.
Plötzlich wurde er mir so fremd. Er hat es zur Eskalation kommen lassen und lebt jetzt von der Hoffnung, ich möge bitte alles vezeihen und vergessen.
Ich möchte verstehen, warum es passieren konnte, um zu verhindern, dass es nochmal passieren kann.
Ist es einfach eine Illusion zu glauben, dass zwei Menschen einander genügen können? Ich möchte nicht einfach verurteilen, sondern begreifen.
Verdrängen ist da nicht hilfreich. Die andere Frau zu treffen war ungeheuer wichtig für mich. Wir sind völlig verschieden. Karriere, Geld, status hat mir nie etwas bedeutet, Dinge, die ihr wie sie sagte, sehr wichtig seien. Ihre Eltern hatten ihr geraten, einen deutschen Mann zu suchen (sie ist Osteuropäerin),sie hat Katzen, mein Mann hasst Katzen so sehr, dass unser Sohn nie eine haben durfte. Sie will Kinder, Mein mann hat sich vor Jahren sterilisieren lassen. Ich habe gefragt, wie sie sich denn eine gemeinsame Zukunft vorgestellt habe, sie meinte sie hätte sich 10 gute Jahre mit ihm vorgestellt. Die besten Jahre einer Frau seien doch mit 35 vorbei.? Er sei ja auch 20 Jahre älter.
Das unsere beziehung für so etwas auf dem Spiel stand, hat mich wütend gemacht. Und da ich zu dem Zeitpunkt 36 war (sie 26), konnte ich über den Spruch mit den besten Jahren nur lachen. Für mich hatten die besten Jahre gerade begonnen, da unser sohn mit 12 nun alt genug war, dass ich mich auch beruflich wieder engagieren konnte.
Ich hatte keine Wut auf sie. Nicht sie hatte mir Treue und Liebe versprochen, sondern er. Aber sie hat sich darauf eingelassen Geliebte zu sein, obwohl sie eigentlich mehr wollte.
Das absurde war, dass sie sich plötzlich als die Betrogene empfand, weil mein Mann sich nicht für sie trennen wollte. Sie hat MICH gefragt, was das denn dann alles sollte. Meine Güte, das hätte sie mal ihn fragen sollen.
Sie warf ihm vor, es sei ihm auf einmal egal, wie es ihr ginge, er sei nur noch daran interessiert, dass zwischen uns wieder alles gut sei. Ich war recht sprachlos und ich hatte das Gefühl, dass sie einfach ein Bild von ihm hatte, das mit ihm nichts zu tun hatte. Ich habe ihr gesagt, das ich wohl nicht die Richtige Ansprechpartnerin für diese Fragen sei, das sie ihn schon selbst damit konfrontieren müsse und auch sich selbst, warum sie ihm von jetzt auf jetzt nicht mehr wichtig sei.
Mein Mann hat sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert, wollte eine Affäre und ihr andererseits niccht das gefühl geben, nur das gewesen zu sein. Er hat sich einer Aussprache mit ihr konsequent entzogen und war erleichtert, als sie drei Monate später einen neuen Freund hatte.
Ich weiß nicht, wie es ihr jetzt geht. Ich bin noch dabei alles zu verarbeiten. Habe gute Tage und weniger gute.
Mein Mann war ein Egoist, aber er ist nicht nur das. Er ist ein guter Vater, er war immer mein bester Freund, ist er auch heute noch, bis auf diesen Vertrauensbruch.
Ich bin irgendwie erwachsener geworden, habe mich von der romantischen Idee verabschiedet, der immerwährenden Liebe. Ein wenig Trauer schwingt da mit. Ich stelle mir Fragen, ich arbeite an mir. An manchen Tagen bin ich ganz verletzte Frau, dann wieder spüre ich eine ungeheure Kraft in mir. Verzeihen ist schwerer als einfach abzuhauen. Unser Sohn ist mitten in der Pubertät, er braucht uns beide sehr. Er hat einen Vater, der putzt und kocht, mit ihm streitet und schimpft, ihn lobt und liebt. Glück ist so fragil, manchmal spürt man erst, was man hat,wenn man es zu verlieren glaubt.
18 Monate Unglück gegen 180 Monate Glück, was wiegt schwerer?
Das Leben ist nicht nur schwarz und weiß, es gibt unendlich viele Grautöne.
Verletzter Stolz ist ein glühender Speer, der hat mich und sie durchbohrte. Ich bin nicht die bessere Frau, ich bin eine andere.
Ich habe ihm die Chance gegeben ein neues Leben mit ihr zu führen, erst da hat er sich entschieden für unser Leben.
Er hätte nie Angst haben müssen, dass ich ihn bekriege. Ich habe ihm gesagt, dass ich kein Sozialfall bin, den man nicht verlassen darf, weil er krank, klein, schwach oder was weiß ich ist. Es gibt nur einen Grund zusammenzubleiben, weil man es will. Und dann kommt harte Arbeit auf einen zu.
Ich bin unbequem, weil ich ihn nicht einfach so zurückgenommen habe. Aber ich schäme mich nicht mehr dafür. Ich bin fro, dass wir inzwischen wieder streiten können, dass er nicht mehr permanent versucht, mir zu gefallen, weil er sich "schuldig" gemacht hat.
Tut mir leid, dass es so lang geworden ist und teilweise am Thema vorbei. Vielleicht hilft es manchen, was ich erlebt habe.
So wie es mir hilft, die Erfahrungen anderer zu lesen, Geliebter ebenso wie betrogener Ehefrauen.
Liebe Grüße an alle