Es gibt wenige Gentlemen - und wenige Damen, die es verdient hätten.
Alle Medien (und zum Teil auch die Emanzipation BEIDER Geschlechter) erzählen den Menschen, dass sie - um hip und der Zeit angepasst zu sein - bestimmte Verhaltensweisen an den Tag legen müssen. Dazu gehören One-Night-Stands, wilde Parties mit Alkohol, hemmungsloses Flirten, exzessives Shoppen/Schminken, Solariumbräune und Sixpack - aber ganz bestimmt nicht die "edle, charmante junge Dame" oder die "liebe, treue, fürsorgende Hausfrau/Mutter", ganz bestimmt nicht der aufopfernde Jungpapa oder der "treue, romantische Verehrer". Genau dieses Bild, dieser Typ Frau hatte es aber verdient, so behandelt zu werden. Und genau dieser Typ Mann würde das auch tun.
Aber:
Wieso soll man eine Frau mit Handkuss begrüßen (was ja Verehrung und Respekt bedeutet), wenn sie pro Woche 2 wechselnde Sexualpartner hat? Passt für mich nicht zusammen.
Warum sollte man eine Frau zu einem Candle-Light-Dinner mit anschließendem Theather/Oper/Musical einladen, wenn sie doch Fast-Food und Disco bevorzugt? Genau das schon so erlebt.
Ich muss "zu meiner Schande" gestehen, dass ich mich - trotz meines recht jungen Alters von 22 Jahren - als Gentlemen verstehe. Ich halte Türen auf, kenne den Knigge auswendig, lade zu Veranstaltungen (Musical/Essen/Oper/etc.) ein, halte den Regenschirm auch wenn ich dadurch selber im Regen laufen muss, biete der Dame auch bei Minusgraden und selbst wenn ich nur ein T-Shirt trage, meine Jacke an und würde dieselbe sogar liebend gerne vor ihr auf den Boden werfen, wenn ihre Kleidung durch eine Pfütze Gefahr liefe, zu verschmutzen. Stundenlanges aufmerksames Zuhören gehört natürlich ebenso dazu wie scharfsinnige und feine sowie ehrliche Komplimente, seitenlange selbstgedichtete Liebesbriefe in roter Kaligrafieschrift - auf marmoriertem Papier und mit Rosen - für die man teilweise Stunden sitzt.. und so weiter...
Aber wenn ich an viele Momente denke, muss ich den Titel dieses Textes erneut formulieren: Es gibt wenige Gentlemen - und wenige Damen, die es verdient hätten.
Mir ist es schon passt, dass eine junge Dame nach einem schönen Essen aufstand, mir ihren Rest Rotwein in's Gesicht schüttete und das Lokal verließ. Hatte ich sie beleidigt? Offenbar - ich wollte die Rechnung übernehmen. Emanzipiert wie sie war, verstand sie das als derartigen Vorwurf, dass sie selbst als "unschuldige, hilflose Frau kein eigenes Geld verdienen könne und alles bezahlt haben müsste". Dass es für mich einfach dazugehört, dass der Mann (mindestens) das erste Essen bezahlt, schien für sie nicht zu gelten.
Genauso wurde ich schon über Monate im Kreis ehemaliger Freunde ausgelacht und als "Freak" erklärt, weil ich eine junge Frau zu einem Musical, das derzeit bei uns gastierte, einlud.
Die Reihe ließe sich endlos fortsetzen, bei nahezu jedem Merkmal eines "Gentlemens" - wobei das auch wieder im Auge des Betrachters liegt - habe ich mehr negative Erfahrungen gemacht als positive.
Dieser Schritt stellt leider eine logische Evolution unseres Geistes dar - die Zeit ändert sich, die Möglichkeiten ändern sich, die Menschen passen sich an. Es wird immer weniger Gentlemen geben und immer weniger Frauen, die das verdient hätten. Erwartet wird es von vielen (vor allem jungen) Damen - aber, wie schon geschrieben wurde, kann man nicht nach dem Motto "Ich warte auf den Prinz mit seinem edlen Ross und treibe es derweil mit jedem Knecht" leben.
Frauen wollen begehrt werden, ja... dann sollten sich viele auch einmal so verhalten. Begehren ist mehr als sexuelle Anziehung, genauso wie Erotik mehr ist als ein Dessous. Wer betrunken und pöbelnd in der Disko steht, mehr sichtbare Haut als Kleidung am Leibe, ist sicher nicht das Ziel eines Gentlemens.
Bei Männern gilt dies natürlich auch. Warum soll man für einen prügelnden, saufenden, nichtsnutzigen Mann am Herd stehen? Warum für einen Mann, der überhaupt nicht weiß, was Liebe ist und dessen einziges Begehr auf den nächsten One-Night-Stand am Wochenende gerichtet ist, eine begehrenswerte Frau darstellen wollen?
Sei es, wie es sei. Mag dies eine "neue Zeit" sein. Mögen neue Maßstäbe gelten und neue Geschlechter sich emporheben, angetrieben von revolutionären Ideen.
Aber solange es noch Frauen gibt, die einen Gentlemen verdient haben, wird es welche geben.
Und solange es noch Gentlemen gibt, die solche Frauen suchen, wird es solche geben.