liebe purplemoonlight, Du willst es ganz genau wissen? Dann wird das aber vielleicht etwas länger ;-)
Zum Wesen der Krankheit Alkoholismus gehört, dass der Betroffene die Wirklichkeit nicht so sieht, wie sie ist, sondern wie er sie haben will. Vielleicht kommt er zur Besinnung, wenn er sich genug "Beulen" geholt hat.
Es hätte mir also nichts geholfen, wenn mich andere eine ''Alkoholikerin'' genannt hätten - bei mir wäre als ''Beleidigung'' meiner Person vorgekommen - keiner hat das Recht, mich so zu beschimpfen.
Das wäre, wie mich als ''gestört'' zu bezeichnen, um mir damit zu erklären, dass ich in seinen Augen in eine Nervenklinik gehöre.
Es wurde ja schon viel versucht, den Alkoholiker vom Trinken abzubringen - immer ohne Erfolg.
Alkoholismus ist zudem eine ''Rückfall-Krankheit''. Wer also glaubt, dass es eine 'Heilung' gibt, befindet sich im Irrtum, denn sobald ich wieder Alkohol trinke, bin ich ''rückfällig''. Und wenn ich Pech habe, finde ich aus diesem Rückfall nicht mehr heraus. So mancher Alkoholiker ist heute ein Pflegefall mit ''Korsakoff'' (das Kurzzeitgedächtnis gibt es nicht mehr). Und wieder andere hat man schon nicht mehr lebend angetroffen, da sie ihrem Leben selbst ein Ende bereiteten. Vielleicht hat ja schon einmal jemand etwas vom Delir gehört?
Jetzt, da ich es mal wieder aufschreibe, merke ich, wie dankbar ich sein darf, dass mir so viel Leid noch erspart geblieben ist. Auch organisch bin ich noch recht gut weggekommen.
Bei mir fing das mit dem Trinken eher ganz harmlos an.
Wir waren jung und unternehmungslustig - jedes Wochenende hatten wir was vor - von Kegeln bis Grillpartys; Geburtstage; Hochzeiten; Polterabende - selbst Bälle waren darunter, in Abendrobe. Und Sektfrühstück; Sonntagsfrühschoppen - immer war was los und ich immer dabei.
Später war mir das zu dumm, mich immer wieder mit unseren Hausfrauen treffen zu sollen, so wirklichen Draht hatte ich eh zu keiner von denen - aber ich blieb immer ruhig und freundlich. Alle fanden sie mich ''lieb''. Und ich dachte immer nur: ''wenn du nur wüsstest...:mrgreen:..''
Ich konnte kaum erwarten, endlich für mich alleine zu sein (der Mann ging früh schlafen, ich nicht) - und da durfte ich dann meinen Wein oder was mir gerade schmeckte, ganz genüsslich und in Ruhe trinken.
Anfangs brauchte ich noch nicht viel, darum hatte ich auch gar keine Bedenken - wie gesagt, es fing bei mir ganz harmlos an.
Wer jetzt hier eine besonders tragische Geschichte erwartet hatte, wird wohl enttäuscht sein. Aber ich kann versichern, dass für MICH und meine insgesamt 18-jährigen Trinkerkarriere ein abenteuerliches Doppelleben begonnen hatte, mit ca. 20 Jahren, ich war da schon 3 Jahre verheiratet und hatte gerade mein zweites Kind geboren. Nun hatte ich zwei kleine Kinder und durfte nicht berufstätig sein, damit die Kinder gut versorgt würden.
Mir fiel die Decke auf den Kopf. Der Vater der Kinder versorgte uns alle gut, aber das reichte ihm nicht aus. Er brauchte seine Freunde und seine geselligen Bierabende mit ihnen.
Dann saß ich eben alleine vor dem Fernseher und nippte an meinem Glas und wurde immer unzufriedener - ich fühlte mich nicht begehrt - was noch schlimmer war, ich fühlte mich nicht verstanden und war der Meinung, dass ich nur noch als Haushälterin und Kinderfrau zu ''gebrauchen'' war. Ich verstand nicht, dass wir als Familie praktisch nicht vorhanden waren.
Irgendwann fing ich an, mich nachts, wenn alle schliefen, aus der Wohnung zu schleichen; machte meine Kneipenrunden und so manches mehr ...
und war selten vor dem Morgengrauen wieder zurück. Erst war das selten, ca. 3-4 Mal im Jahr. Aber das steigerte sich von Jahr zu Jahr.
Als ich 30 war, trennten wir uns zum ersten Mal. Das war von mir eine ''Schnaps''idee und nach wenigen Wochen war ich wieder Zuhause. Die endgültige Trennung war dann 4 Jahre später. Neuer Mann neues Glück und einen, der mit mir trinken konnte. Für 3 Jahre lief das nicht mal schlecht. Inzwischen vertrug ich schon Einiges! Die folgenden 3 Jahre verschlimmerten alles. Inzwischen war ich geschieden und die Kinder so gut wie erwachsen - folglich nicht mehr auf mich angewiesen. Ich merkte schon, dass ich mich veränderte, wollte es aber noch immer nicht wahr haben. Meine Tochter beschwerte sich bei mir über mich, sie könne sich nicht mehr mit mir unterhalten, hieß es und ich wäre ''dumm'' und würde immer mehr ''verdummen''
Komisch, dass ausgerechnet das an mir hängen blieb - die Eitelkeit?.
Sorry, aber noch tiefer möchte ich hier nicht gehen, ich hoffe auf Verständnis. Mit mir ging es bergab und ich fühlte mich wertlos. Darum musste ich mich ja wenigstens über meine Arbeit noch etwas aufwerten.
Jene liebe Kollegin, kannte sich aus mit Alkoholismus, da sie selbst mit einem Alkoholiker liiert war und zudem war sie eine ausgebildete, erfahrene Krankenschwester. Aber ''heilen'' konnte nicht einmal sie ihren Partner. Sie sollte mich finden und dafür möchte ich sie segnen - bedankt hatte ich mich bei ihr - sie war zur rechten Zeit für mich da, das werde ich nie vergessen (Danke, Petra [s:p/1ofh])
Kurz darauf begegnete mir AA und seitdem besuche ich die Meetings. Nicht mehr so häufig, aber ich bin immer in Verbindung, derzeit mehr online.
Danke für eure Geduld :taquin: