Du bezeichnest deinen Mann...
... als "wunderbaren Mensch, Freund und Vater" und sagst, dass du ihn liebst. Auch wenn du dir dessen nicht bewusst bist - damit hast du schonmal viel, viel mehr an deinem Mann als viele andere Paare.
Im Prinzip kann ich dein Gefühlsdurcheinander nachvollziehen. Das, was dir passiert, passiert auch vielen anderen Leuten: Du hast dich in einen anderen "verguckt". (Ich spreche bewusst nicht von "Verlieben" oder gar "Liebe", denn ich glaube, dass es das nicht ist.) Hinzu kommt ein neues Lebensgefühl, dadurch, dass du neue Sachen für dich entdeckt hast und so viel schlanker bist als vorher. Auf einmal merkst du, was es außerhalb der Haushalt-und-Kinder-Tretmühle noch alles gibt. Das ist im Prinzip nicht verkehrt.
Beides zusammen macht dich jetzt natürlich anfällig für den Duft der großen weiten Welt und für die ganzen ungeahnten Möglichkeiten, die sie bietet. Es ist menschlich, sich von Neuem faszinieren zu lassen. Ansonsten wär unsere Leben in der Tat sehr langweilig.
Insofern: was dir passiert, ist nachvollziehbar. Aber gerade deshalb ist es so leicht durchschaubar - wenn nicht für dich, so doch für Außenstehende wie uns. Was du an dem anderen Mann findest, hat mit Liebe nichts zu tun und vermutlich auch nichts mit Seelenverwandschaft. Es prickelt einfach - sexuell vor allem - und das kann einem ungeahnte Kräfte, aber auch ungeahnte geistige Verwirrungen bescheren.
Glaub mir: der "Andere" ist im Alltag, der losgelöst ist von allem Neuen, ein ebenso durchschnittlicher und normaler Kerl wie alle anderen auch. Der pupst wie alle anderen und schnarcht wie alle anderen und kriegt irgendwann eine Glatze wie alle anderen. Nicht, dass das ein Drama wäre - wenn man jemanden liebt, ist einem das sowas von egal. Nur - der Alltag, den du jetzt mit deinem Mann als störend empfindest, der kommt auch mit dem "anderen".
Das Problem von dir und deinem Mann ist, dass du ausgebrochen bist und er nicht mitkonnte, mitwollte oder schlicht überrannt davon wurde. Das Ausbrechen selber ist kein Problem - man sollte es nur zusammen tun. Jede Ehe braucht im Laufe des Lebens mal neue Impulse, aber es müssen eben beide Partner für diese Impulse bereit sein. Wenn einer davonprescht und der andere verdutzt stehenbleibt, gibt es natürlich Risse.
Aber die könnt ihr kitten. Ich empfehle dir - da du ja selber sagst, dass du deinen Mann liebst, ganz unabhängig von den anderen Umständen (Haus, Kinder etc.), den anderen erstmal nicht mehr zu trefffen, so schwer das auch fällt. Ich finde, dein Mann hat jetzt ein größeres "Recht" - wenn man das so sagen darf, ich meine es nicht wörtlich - an dir und deinen Zukunftsplänen, denn du bist seine Frau, und ihr habt euch mal versprochen, durch alles gemeinsam durchzugehen. Man sollte mit einer Ehe nicht leichtfertig umgehen, dafür ist sie zu kostbar.
Natürlich ist das alles kein Garant dafür, dass alles am Ende ganz prima ist - vielleicht trennt ihr euch doch, und dann aus guten Gründen. Aber eine Chance solltest du euch schon geben. Dein Mann muss aus seiner Lethargie erwachen, und du musst ein bisschen innehalten, damit ihr euch erstmal in der Mitte treffen könnt. Und dann kann man die neuen Ideen und das Prickeln vielleicht in eure Ehe zurückbringen.
viel Glück.